8./ 9. Mai – Tag des militärischen Siegs über den deutschen Nazifaschismus:

 

Für Gauland und andere Nazis ist der 8. Mai ein Tag voller Schande, ein Tag „der absoluten Niederlage“, für die Bürgerlichen ein Tag, welcher die „deutsche Identität“ stärken soll, Linke fordern, ihn zum Feiertag zu erheben: Was bedeutet für uns der 8. Mai und wie stellt sich eine radikal linke Perspektive darauf dar?

2020 jährt sich zum 75. Mal der Sieg der alliierten Armeen der UdSSR, Großbritanniens, Frankreichs und der USA über Deutschland. Am 7. und 8. Mai 1945 mussten Vertreter des nazifaschistischen Deutschlands im französischen Reims und in Berlin ihre bedingungslose Kapitulation unterzeichnen. In der Sowjetunion kam diese aufgrund der Zeitverschiebung erst am 9.Mai an.

Die militärischen Siege der alliierten Armeen und der antifaschistischen und antideutschen Partisanenarmeen bedeuteten Befreiung: Befreiung für die Menschen, die die Konzentrationslager bis zur Ankunft der Befreier überlebten, Befreiung für die in den Untergrund gezwungenen Menschen, Befreiung für die versklavten und terrorisierten Völker. Befreiung vor allem für die überlebenden Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, für die verschleppten Zwangsarbeiter_innen, für Homosexuelle, von den Deutschen als „Asozial“ gebrandmarkte, für Menschen mit Behinderungen, für Kommunist_innen, Sozialdemokrat_innen, Anarchist_innen, Antifaschist_innen und für viele mehr.

Der gerechte Krieg gegen Deutschland, die Besetzung und Zerstückelung des Staatsgebietes der Deutschen, die vorläufige Zerschlagung des deutschen Imperialismus und Militarismus, die Unterdrückung der Deutschen durch die alliierten Armeen bedeutete das Ende des deutschen Raub- und Vernichtungskriegs, bedeutete für große Teile der Welt ein Aufatmen. Das wollen wir heute feiern!

Jedoch ist es 75 Jahre später nicht ohne weiteres möglich, die deutsche Niederlage zu feiern. Die Entnazifizierung hat weder in der BRD noch in der DDR im notwendigen Maße stattgefunden. Unter Ausnutzung des „Ost-West- Konfliktes“ konnte Westdeutschland sich 1955 wiederbewaffnen und die Henker des Nazifaschismus bauten die Staatsapparate der BRD auf, welche somit in direkter Kontinuität zu Nazideutschland stehen. Ebenso hielt die DDR ihre Zielsetzung eines durch und durch antifaschistischen Staates nicht ein, auch hier wurden Nazis am Aufbau von Institutionen beteiligt. Revanchistische Forderungen und das Hofieren von sogenannten „Vertriebenenverbänden“ fanden in der politischen Elite Westdeutschlands derweil große Unterstützung. 1990 konnte schließlich die BRD die DDR annektieren und die Bundeswehr rückte bis zur Oder-Neiße-Grenze vor. 1999 konnte Deutschland auch wieder militärisch losschlagen. Unter der rot-grünen Regierung führte Deutschland gemeinsam mit der Nato Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und beschleunigte mit seiner Diplomatie die völkischen Bestrebungen nationalistischer bis faschistischer Bewegungen auf dem Balkan. Arrogant missachten die Vertreter_innen des deutschen Staates bis heute noch immer die Reparationsforderungen des griechischen Staates. Gleichzeitig wird sich aller Seiten darüber beschwert, Deutschland müsse doch tatsächlich bis heute Geschädigten von Weltkrieg und Holocaust Entschädigungen zahlen, was im Anbetracht der jahrzehntelangen Geschichte von der möglichst umfassenden Vermeidung, solche Zahlungen leisten zu müssen, blanker Hohn ist.

Deutschland konnte sich wieder zur Weltmacht aufrichten, gibt in Europa den Ton an und will in jedem Teil der Welt diplomatisch und militärisch mitmischen.

Auch die Nazibewegung wurde in der BRD nie konsequent bekämpft und konnte sich rasch reorganisieren. Heute werden Naziversammlungen und Nazipropaganda unter dem Vorwand der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zugelassen. Rechter Terror ist eine ungebrochene blutige Kontinuität von der Weimarer Republik bis heute. Nazis sitzen und organisieren sich immer noch in den deutschen Staatsapparaten. Deshalb organisieren auch migrantische Gruppen und Betroffene rechter Gewalt zum 8. Mai 2020 einen Aktionstag, um die konsequente Entnazifizierung Deutschlands zu fordern.

Währenddessen bleibt das deutsche Gedenken tückisch und das „wiedergutgewordene“ Deutschland spielt sich als moralischer Sieger der Geschichte auf, welches „zwei Diktaturen“ überwunden hätte. Die politische Elite in Deutschland zieht seine Legitimität für die Unterjochung der europäischen Peripherie, für den deutschen Militarismus und für seine imperialistischen Ambitionen jetzt daraus, dass man doch am besten aus seiner Geschichte „gelernt“ habe. Dies geht einher mit der geschichtsrevisionistischen Einverleibung des 8. Mai. So erklärte der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1985 den 8. Mai zum „Tag der Befreiung“. Gemeint ist dabei in der deutschen Erinnerungskultur jedoch immer die Befreiung der Deutschen vom Nationalsozialismus, nicht jedoch die Befreiung der Welt von der deutschen Barbarei. Große Teile der Deutschen werden von der Schuld an den Verbrechen freigesprochen und eine positive Bezugnahme auf die deutsche Nation möglich gemacht.

Linke Initiativen fordern auch in diesem Jahr wieder, dass der 8. Mai ein Feiertag in Deutschland werden solle. Diese nachvollziehbare Forderung kann jedoch durch die deutsche Erinnerungskultur schnell eingemeindet werden, wenn sie nicht gleichzeitig mit der Zerschlagung des deutschen Nationalismus, Imperialismus und der deutschen Nazibewegung einhergeht. Sonst bleibt sie, sollte sie erfolgreich sein, eine weitere Legitimierung der deutschen Nation.

Deshalb:

– Gedenken wir heute allen Opfern der deutschen Barbarei.

– Erinnern wir heute den großen Leistungen der Alliierten und der Partisan_innen im gerechten Krieg gegen Deutschland und feiern ihren Sieg über den deutschen Nazifaschismus.

– Unterstützen wir die Betroffenen des Terrors der deutschen Nazibewegung in ihren Kämpfen.

– Stellen wir uns jeder Form des deutschen Nationalismus und Militarismus entgegen.

спаси́бо! Thanks! Merci!

Nie wieder Deutschland!