Corona-Hilfen: Klassenkampf von oben

Dass auf die Corona-Pandemie eine Wirtschaftskrise von noch nicht vorstellbarem Ausmaß folgen wird, ist schon jetzt klar. So ist es auch nicht verwunderlich, dass schon jetzt Hilfspakete in Milliardenhöhe für die Wirtschaft geschnürt werden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach jüngst davon, „wichtige“ Unternehmen im Zweifel zu verstaatlichen, sollte das deutsche Interesse gefährdet sein.

„Deutsches Interesse“, das heißt, die Vormachtstellung erfolgreicher deutscher Industriezweige und die Produktionshoheit in den Schlüsselbereichen der nationalen Wirtschaft zu erhalten. Derlei Aussagen und die schon jetzt angestoßenen Maßnahmen zeigen die Angst vor den Folgen, welche die Pandemie auf die Wirtschaft haben wird.

Bei den Maßnahmen geht es nicht um den Schutz von Menschen

Es geht vielmehr darum, den „Wirtschaftsmotor Deutschland“ nicht zum erliegen kommen zu lassen. Das zeigt sich an den momentanen Ausgangsbeschränkungen sehr deutlich: Für Staat und Kapital ist es in Ordnung, mit 100 Arbeiter_innen in einer Fabrikhalle zu stehen. Zu dritt spazieren zu gehen ist hingegen verboten. Das ist die Logik einer die Arbeiter_innenschaft ausbeutenden Gesellschaft.

Einstellung aller nicht-lebensnotwendigen Produktion während der Pandemie! Keine Kündigungen, volle Lohnfortzahlung!

Aber auch die Unternehmen, die zur Zeit ihre Werkstore geschlossen haben, tun dies nicht, weil sie ihre Angestellten schützen wollen. Ford zum Beispiel begründet die Schließung seiner Werke ganz unverhohlen damit, dass sie, wie alle Autohersteller, von einem enormen Nachtfragerückgang betroffen seien.

Auch in der Krise: reine Profitorientierung

Auch diejenigen Ford-Arbeiter_innen in höheren Positionen, die von vergangenen Rationalisierungswellen bis dato verschont blieben und ein verhältnismäßig hohes Kurzarbeitergeld erhalten, sind in der Logik des Kapitalismus jederzeit ersetzbar.

Diese Ersetzbarkeit gilt umso mehr für geringfügig und informell Beschäftigte, welche von der derzeitigen Situation besonders hart betroffen sind, weil sie nicht die Bedingungen erfüllen, um Kurzarbeitergeld zu erhalten. Beispielsweise wissen unzählige Studierende, die sich mit einem 450€ Job unter anderem ihr WG-Zimmer finanzieren, nicht, wie sie die nächsten Monate ihre Miete bezahlen sollen. Für sie kommt noch hinzu, dass sie kein Arbeitslosengeld beantragen können. Für illegalisierte Arbeiter_innen gilt das noch umso mehr.

Auch ohne Corona schon unzumutbar: Hartz 4

Menschen, die von Arbeitslosengeld II leben müssen, stellt die aktuelle Situation vor noch größere Herausforderungen als ohnehin schon, denn: viele Grundnahrungsmittel sind gerade häufig vergriffen und übrig bleiben nur teure Markenprodukte, was aber weit außerhalb des finanziell Möglichen für die Betroffenen liegt.

Egal, ob man in der Industrie arbeitet, sich mit einem Minijob ein paar Kröten für den Lebensunterhalt dazu verdient oder schon von Hartz IV leben muss, sie eint, dass sie als Individuen nicht ’systemrelevant‘ sind.

Daher gibt es für sie im besten Fall nur sporadisch staatliche Hilfe, um in der aktuellen Situation nicht für zu viel Unmut zu sorgen und die Menschen nicht gegen das System, das sie arm macht, aufzubringen.

Dass Vermieter gerade beispielsweise keinen Mietvertrag kündigen dürfen, wenn Bewohner ihre Miete nicht zahlen können, ist ein durchschaubarer Versuch, sich als vermeintlicher „Retter“ der Bevölkerung darzustellen. Die Miete wird nicht ausgesetzt, sondern muss zu einem späteren Zeitpunkt nach gezahlt werden. Woher das Geld kommen soll, wenn man selbst in Zeiten von Beschäftigung zum Ende des Monats jeden Euro zweimal umdrehen muss, wird nicht erwähnt.

Es geht nicht darum, einzelnen Individuen zu helfen. Das zeigt sich auch darin, dass anstelle von bedingungslosen Hilfen bloß Kredite vergeben werden. Unzähligen Selbständigen und vielen kleinen Unternehmen stellt sich hier die gleiche Frage, wie den Mieter_innen:

Von welchem Geld sollen sie den Kredit zurückzahlen?

Wenn diese Gesellschaft vernünftig eingerichtet wäre, dann müsste man nicht das Offensichtliche fordern.

Aber im Kapitalismus zählt nur das Interesse derjenigen, die für ihre Bedürfnisse auch bezahlen können – egal ob Wohnraum, Lebensmittel oder Gesundheit.

Getreu einer Drohung an die Ausgebeuteten Franz Münteferings (SPD): „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“. Dieses Zitat ist schon etwa zehn Jahre alt. Trotzdem legt es deutlich offen, wer in diesem System etwas wert ist. Nämlich nur diejenigen, die ausreichend Mehrwert für das Kapital produzieren, sollten ihnen nicht schon Produktionsmittel gehören.

Es ist offensichtlich: Im Kapitalismus zählt nur das Interesse der Leute, die Kapital besitzen.

Eine vernünftig eingerichtete Gesellschaft würde stattdessen nach den Bedürfnissen aller Güter produzieren und verteilen.