Corona und Krise

Das System versagt!

Nahezu die ganze Welt ist im Ausnahmezustand. Der Sars – CoV 2 (genannt Coronavirus) verbreitet sich rund um den Erdball. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine weltweite Pandemielage ausgerufen. Gesundheitssysteme kollabieren, es fehlen Beatmungsgeräte und intensivmedizinisches Personal. Aus diesem Grund sind Ärzt_innen teilweise dazu gezwungen Menschen zum Sterben wegzuschicken. Aus den Regionen, wo diese „Triage“ genannte Bevorzugung nötig wurde, erreichen uns schreckliche Bilder, grausame Berichte und erschreckend hohe Todeszahlen. Der gesellschaftliche Kampf gegen das Virus muss höchste Priorität haben.

Doch die Pandemie hat auch ihre politische, ökonomische und soziale Seite

Während im Januar und Februar noch viele in europäisch – chauvinistischer Arroganz die Gefahren des Virus abwehrten und über chinesische Maßnahmen spotteten, verhängte zu diesem Zeitpunkt nicht nur die Volksrepublik China drastische Maßnahmen zur Eindämmung. Beispielsweise in Vietnam konnte man durch breit angelegte, frühe Informationskampagnen, der Entwicklung einer App, der Abriegelung von Städten, in denen Menschen infiziert waren und der Bereitstellung von Testkapazitäten den Virus eindämmen.

Anders in Europa. Während es in aller Öffentlichkeit die ersten rassistischen Übergriffe auf als chinesisch identifizierte Menschen gab, verteilte sich das Virus vom Skiort Ischgl aus dem Flieger über ganz Europa.

Diejenigen Politiker_innen, die auch für das kapitalistisch zugerichtete Gesundheitssystem verantwortlich sind, sagten beständig wir müssten uns keine Sorgen machen. Das deutsche Gesundheitssystem sei bestens vorbereitet. Sie heißen unter Anderem Jens Spahn (CDU), Karl Lauterbach (SPD).

An den bestürzenden Ereignissen aus Italien, sehen wir, was passiert, wenn das Virus auf ein zusammen gespartes, unvorbereitetes Gesundheitssystem trifft. Dafür verantwortlich ist auch die deutsch-europäische Verarmungs- und Verelendungspolitik in Südeuropa, welche selbst in der Krise unerschrocken weitergeführt wird. Die sogenannten „Corona Bonds“ zur Unterstützung anderer EU-Staaten, welche vor allem auf Drängen der italienischen Regierung eingebracht wurden, werden seitens Deutschlands verhindert. Wenn die EU Deutschland nichts nutzt, setzt man eben auf nationale Alleingänge und Abschottung.

„Flatten the curve“?

Die unbeholfene deutsche Strategie gegen das Virus nennt sich „flatten the curve“, das Abflachen der Infektionskurve. Diese ist inzwischen zum nationalen Bekenntnis geworden. Dass eben diese Strategie nicht dieselbe ist, wie eine gezielte Eindämmung des Virus durch massenhafte Tests, gezielte und betreute Quarantäne und einem wirklichen gesellschaftlichen Shutdown, wird in der Debatte häufig vergessen. Für eine solche gezielte Eindämmung war der deutsche Staat nicht Willens sich vorzubereiten und ist deshalb auch gar nicht dazu in der Lage.

Auch gilt es zu bedenken: Die physische Isolation der Menschen bis hin zur Ausgangssperre für die Bevölkerung, also drastische Einschnitte in die bürgerlichen Freiheitsrechte zum Herauszögern einer umfassenden Durchseuchung, ist nicht unvermittelt notwendig. Das ist die Antwort, welche einem Staat bleibt, der sein Gesundheitssystem nach kapitalistischen Prinzipien ausgerichtet hat. Es ist die einzige Antwort einer Regierung, welche es unterlassen hat, als das Ausmaß der Seuche im Januar bekannt wurde, Vorkehrungen zu treffen. Weder sofortige Investitionen in das schon vor Corona überlastete Gesundheitssystem, weder die Umstellung von Teilen der Produktion auf Beatmungsgeräte oder Schutzmasken, noch Fiebermessungen an öffentlichen Einrichtungen werden in Angriff genommen. Auch eine verordnete, ärztlich begleitete Quarantäne und Tests bei Einreisen aus Risikogebieten schien man nicht für Nötig zu halten. Das Tragen von Schutzmasken wurde wochenlang lächerlich gemacht und als „nicht unserer Kultur“ angemessen abgetan. Schutzmasken sind absolute Mangelware und schnellen preislich in die Höhe. Inzwischen werden Privathaushalte dazu angehalten diese selbst zu nähen. Ein einziger Mann, Dietmar Hopp, und sein Patent darf darüber entscheiden, wer einen möglichen Impfstoff erhalten darf.

Diese Zustände sind unerträglich. Der Markt, dieser Staat und diese Regierung haben versagt!

Um davon abzulenken und sich selbst als heldenhafte Krisenmanager zu inszenieren, suggeriert man gleichzeitig Handlungsfähigkeit: die Grenzen werden pauschal geschlossen, Nicht EU-Bürger_innen dürfen gar nicht mehr einreisen, das Grundrecht auf Asyl wird ausgesetzt. Als wäre zum Zeitpunkt der Maßnahmen nicht Europa schon längst neues Epizentrum der Pandemie. Als könnte man eine Infizierung an einem Pass ablesen.

In der gesellschaftlichen Debatte wird permanent die weitere Ausbreitung des Virus den Einzelnen zu Last gelegt. Die Rentner, die nicht mit dem Spazierengehen aufhören wollen, die Jugendlichen mit ihren sogenannten „Corona-Partys“. Gleichzeitig redet niemand davon, dass Millionen von Lohnabhängigen immer noch in den Fabriken und Großraumbüros dicht an dicht arbeiten müssen, über 50 % arbeiten weiter regulär „vor Ort“. Und ohne organisierte Arbeiter_innenschaft oft ohne jegliche Schutzvorrichtungen. Der Zwang zur Arbeit wird nicht wie angeblich sonst alles den „Gesetzen der Pandemiebekämpfung“ untergeordnet, geschweige denn den gesundheitlichen Vorsichtsmaßnahmen von Einzelnen. Und das auch bei derjenigen Produktion, welche nicht unmittelbar der Grundversorgung der Bevölkerung dient, sondern ausschließlich den Profiten und Gewinnen der Kapitalisten. Andere wie VW, BMW und Ford nutzen die Situation um über die Kurzarbeiterregelung auf Kosten unserer Arbeitslosenkassen und Steuern ihre Profitziele aufzupolieren.

Weiterhin wird überall in der bürgerlichen Presse behauptet die Corona – Krise würde uns alle gleich treffen. Das ist nicht wahr!

Die Krise trifft nicht alle gleich

      • Wie schnell wir Zugang zu den Testkapazitäten bekommen, ob wir Zugang zu einem Beatmungsgerät bekommen oder nicht
      • Ob wir die Isolation in einer kleinen Wohnung verbringen müssen oder in einer Villa mit Garten und Angestellten. Ob wir zu den „höheren“ Arbeitskräften gehören die Homeoffice machen können oder zu denjenigen, die täglich zur Arbeitsstelle gezwungen werden
      • Ob wir als Selbstständige, Dienstleister_innen, als auf Honorarbasis Beschäftigte merken, dass wir nur genau ein Monatshonorar von dem Existenzverlust entfernt sind und merken, wie abhängig beschäftigt wir eigentlich waren
      • Ob wir zu den Rentiers gehören und mit dem Wohnraum anderer Profite machen oder ob wir durch das Kurzarbeitergeld unsere Miete nicht mehr zahlen können
      • Ob wir die Zeit zu Hause zum „Entschleunigen“ nutzen können oder Lohnarbeit, Kinderbetreuung, Homeschooling und Hausarbeit jetzt gleichzeitig hinbekommen müssen. In der Hälfte der Bevölkerung erledigen Frauen die gesamte Hausarbeit und Kinderbetreuung während der Krise
      • Ob wir die Zeit „Zu Hause“ verbringen können oder in den eigenen vier Wänden permanente Angst vor häuslicher Gewalt haben, ob wir überhaupt ein Zuhause haben.

Diese Fragen zeigen uns: Die sozialen Auswirkungen der Corona-Krise sind Klassenfragen, sind Fragen des sozialen Geschlechts, sind Fragen imperialistischer Konkurrenz und Unterdrückung, sind auch Fragen von Rassismus.

Es liegt an uns, diese offensichtlichen Feststellungen in die Gesellschaft zu tragen. An uns, die wir kein Interesse daran haben, dass die Gesellschaft so eingerichtet bleibt, wie sie vor der Krise war.

Das Virus und seine sozialen Folgen werden die Welt verändern

In dieser Krise treten die Prinzipien und Ausschlüsse des patriarchalen Kapitalismus offen hervor. Die Corona-Krise wird in eine Wirtschaftskrise mit verheerenden sozialen Verwerfungen münden. Die sozialen Kämpfe werden sich verschärfen. Sie werden auch härter geführt werden.

Jede Krankheit hat auch ihre gesellschaftliche Seite, so auch Covid-19. Mit einem Klick auf die einzelnen Menü-Unterpunkte geht es jeweils zu verschiedenen Texten, die sich den Aspekten dieser Seite widmen und damit einen Beitrag dazu leisten, dass der Kontext, in dem der Virus wütet, und auch die sozialen Folgen der Krise nicht als natürlich hingenommen werden.

Sozialismus oder Barbarei? Hier geht’s zu unserem vorläufigen Fazit.