Gesundheitssystem

Geld oder Leben?

Diese Frage können alle solidarischen Arbeiter_innen sofort beantworten. Wir sehnen uns nach dem Leben und werden anderen dieses Recht auch nicht verwehren. Uns Arbeiter_innen steht aber eine andere Klasse gegenüber: Für die Klasse der Ausbeuter_innen ist die Frage auch leicht zu beantworten. Sie wollen maximalen Profit. Wenn das Menschenleben kostet, dann ist das für sie ein gerechter Preis.

Wir wissen alle, dass unser Gesundheitssystem völlig marode ist. Kennen wir nicht alle jemanden, der in der Pflege oder im Krankenhaus arbeitet und sich nach dem Schichtdienst völlig übermüdet nur noch ins Bett schleifen kann? Arbeiter_innen, die mit den besten Zielen anfangen und von der Realität eingeholt werden werden.

Die Absicht, Menschen zu helfen, wird pervertiert: durch die Ausrichtung der Gesundheit nach ökonomischen Kriterien, davon, dass sich Gesundheit finanziell lohnen muss

Nicht die Betreuung und Heilung der Patient_innen, nicht Nähe, Mitgefühl und Empathie zu anderen Menschen sind hier noch gewünscht, es geht nur noch darum, für das Krankenhaus die Fallzahlen zu schaffen. Und das mit dem Wissen, dass die, die als (Kranken-)Pfleger_innen oder Ärzt_innen arbeiten, die ihnen auferlegte Arbeit nicht schaffen können. Aber warum?

Wenn wir mit Kolleg_innen reden, die im Gesundheitssystem arbeiten, erhalten wir mehrere Antworten. Eine der zentralen Forderungen ist die Abschaffung der Fallpauschalen-Orientierung, die 2004 eingeführt wurde. Diagnosebezogene Fallpauschalen, oder gebräuchlicher DRGs (Diagnosis Related Groups), wurden unter Bundeskanzler Schröder und der Koalition von SPD und Grünen Koalition mit typischen Schlagwörtern wie „notwendige wirtschaftliche Ziele“ und „Effizienzsteigerung“ eingeführt.

Dieses Modell hat nicht die vollständige Heilung als wichtigstes Ziel, sondern es wird ein Wert für eine Behandlung festgesetzt

Was darf eine Operation oder eine Therapie kosten? Ob der Patient damit geheilt wird, ist nicht primär wichtig, es gilt nur, unterhalb dieser Pauschale zu bleiben. So werden Menschen einfach früher entlassen, ob mit Schmerzen oder z.B. zu frischen Nähten nach einer Operation. Sollte der/die Betroffene dann als Notfallpatient_in wiederkommen, kann neu abgerechnet werden und die Klinik macht wieder Gewinn.

Seit den 90er Jahren werden auch in großer Anzahl Kliniken geschlossen. Vor allem die Gesundheitsversorgung auf dem Land ist davon betroffen. Auch jetzt wird versucht, das Marienkrankenhaus in Ottweiler und das Caritas-Krankenhaus in Lebach zu schließen. Dort haben seit Jahren Arbeiter_innen auf Lohn verzichtet, im Fall Lebach auf ca. 120 Millionen Euro. Doch das ist den christlichen Trägern nicht genug. Der Profit, den die Häuser abwerfen reicht ihnen nicht.

Seit 30 Jahren wird massiv Personal abgebaut

Die Beschäftigen, die durch Krankenhausschließungen betroffen sind, wurden nicht an anderer Stelle eingesetzt. Das würde ja schließlich nur Kosten verursachen. So sind über 50.000 Stellen abgebaut worden. Dass die Menschen, die unter diesen Bedingungen arbeiten müssen, ihr Arbeitspensum nicht schaffen können ist den Klinikleitungen bekannt.

Noch immer wird Personal entlassen, als gäbe es keinen massiven Personalmangel. So auch im Saarland: Der Träger des Krankenhauses in Lebach ist der CTT. In diesem Träger gibt es viele andere Kliniken, die Personalbedarf haben. Da aber die Gehaltsstufen der Arbeiter_innen bei einem Wechsel erhalten bleiben würden, werden sie entlassen und gezwungen, sich neu zu bewerben. Das heißt:  mit einem schlechteren Tarif wieder eingestellt. Dies nutzt dann wiederum dem nächsten Krankenhauskonzern. 

So geht diese Gesellschaft mit ihren „systemrelevanten“ Arbeiter_innen um

Schon vor der Pandemie fehlten laut Verdi 162.000 Beschäftige im Gesundheitssektor, aber all diese Probleme werden ignoriert. Noch im Juni 2019 wurde durch die Bertelsmann-Stiftung gefordert, von den ca. 1400 Krankenhäuser weitere 800 zu schließen. Gesundheitsminister Jens Spahn ist für eine Debatte dieser Art mehr als offen. Hier zeigt sich einmal mehr:

Für die Verwertungslogik ist ein Leben oder die Gesundheit eines Menschen nur so viel wert, wie der Profit, der ihm entzogen werden kann.

In der jetzigen Pandemielage werden die Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, nur noch mehr ausgebeutet: Gesetzlich legitimierte 12 Stunden Schichten, fehlende oder mangelhafte Schutzausrüstung, sowie die Aufhebung der Pflegepersonaluntergrenze.

Gleichzeitig werden sie durch Politik, Medien und auch durch das gutgemeinte Klatschen zu Held_innen stilisiert. Das bedeutet dann aber auch, dass man von ihnen heldenhafte Taten erwartet: Arbeiter_innen im Gesundheitswesen sollen sich, ohne ausreichenden Schutz und mit ausgesetzten Arbeitsrechten bis hin zur Zwangsarbeit, dem Kampf gegen die Pandemie stellen.

Doch es sind keine Helden, es sind ausgebeutete Arbeiter_innen!

Sie wollen keine Helden sein, sich nicht opfern für dieses System! Nicht wenige Arbeiter_innen im Gesundheitswesen fordern jetzt Lohnerhöhungen und einen Pandemiezuschlag. Bekommen tun sie als brutale Erwartung getarnte gesellschaftliche Anerkennung.

Auch im Saarland gibt es keine Wertschätzung, die über ein Lippenkenntnis der Ausbeuter und ihrem politischen Personal hinausgeht: In der Uniklinik Homburg haben 506 Arbeiter_innen eine ausreichende Versorgung mit der notwendigen Schutzausrüstung gefordert und eine Gefahrenzulage von 50€ pro Schicht. Selbst für diese Minimal-Forderungen gibt es keine direkten Zusagen. Und auch dort, wo es solche „Prämien“ geben soll, sind diese lächerlich gering und nur einmalig. Der Staat versucht außerdem, Krankenhausbelegschaften zu spalten, indem diese Prämien jedoch nur einigen Wenigen zugänglich macht. Grundsätzliche Änderungen im Gesundheitssystem wird es mit dieser Regierung nicht geben.

Dieses System versagt für uns! Es funktioniert nicht nach den Interessen von Patient_innen und Arbeiter_innen im Gesundheitswesen, sondern überlässt die Entscheidung über Leben und ausreichende Versorgung dem Markt!

Die politisch Verantwortlichen sind bekannt

CDU/CSU, SPD, Grüne. All diejenigen, die sich jetzt als große Krisenmanager aufspielen, haben diese Situation selbst verursacht. Wir müssen jetzt und auch nach der Pandemie die Kämpfe der Arbeiter_innen im Gesundheitswesen unterstützen. Das könnte während Corona beispielsweise durch politische Solidaritätsstreiks passieren. Die Corona-Einmalzahlung reicht nicht! Die Verhältnisse waren schon vor der Pandemie miserabel für Patient_in und Gesundheitsarbeiter_in und sie dürfen es danach nicht mehr sein! Deshalb kämpfen wir für ein Gesundheitswesen frei von kapitalistischer Logik.

Weg mit dem Fallpauschalensystem! Für den Aufbau eines Gesundheitswesens, das auf den Bedürfnissen von Patient_innen, Ärzt_innen, Facility- und Pflegekräften fußt. Für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch relevant ist!

  • Lohnerhöhung! 4000€ oder mehr für alle Arbeiter_innen
  • Alle Privatisierungen stoppen
  • Private Krankenhäuser enteignen
  • Leben vor Profit!
  • Genug Personal für eine richtige Versorgung und geringere Arbeitsbelastung