Ankommen statt Abschieben!

Wenn wir die deutsche Asylpolitik in den letzten Jahren objektiv betrachten, dann müssen wir den Eindruck erhalten, die AfD regiere längst mit.
Denn auch wenn die AfD und der mit ihr verbandelte faschistoide Anhang immer weiter die Abschaffung des Asyls durch verschiedenste Maßnahmen fordert, gab es seit 2014 unter der sogenannten „Flüchtlingskanzlerin“ Merkel mehr Verschärfungen im Asylrecht als unter kaum einer anderen Bundesregierung. Schon im Dezember 2014 wurde mit einem Gesetz zur Neuregelung des Bleiberechts die Möglichkeiten zur Inhaftierung von Geflüchteten erweitert und die Bleiberechtsregelung verschärft. 2015 folgte das Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz, welches eine möglichst schnelle Abschiebung gewährleisten soll.
Ebenfalls wurde die Regelung der sicheren Drittstaaten immer stärker ausgeweitet. Aktuell stehen beispielsweise auch Marokko oder Algerien auf der potentiellen Liste.
Diese Staaten sind islamische Regime, in welchen Verfolgung von Homosexuellen und Frauen, Folter und Gewalt gegen politisch missliebige Personen und Unterdrückung religiöser Minderheiten an der Tagesordnung stehen.
Derweil wird hier der Familiennachzug massiv behindert und den hier lebenden Geflüchteten zunehmend durch Wohnsitzauflagen, Umstellung auf Sachleistungen und Verwehrung von Zugang zu Arbeit und zu ordentlicher Gesundheitsversorgung sowohl der Über-Lebensstandart als auch die Möglichkeit zur Integration genommen. Weiterhin brutalisiert sich die Abschiebepraxis immer mehr.
Der deutsche Staat überfällt bereits seit langem Menschen nachts in ihren Wohnungen mit seinen schwer bewaffneten Polizist_innen und steckt sie in Abschiebeknäste.
Auch auf individuelle Umstände wird vom Abschiebemeister Deutschland keine Rücksicht mehr genommen: Abschiebung von Kindern aus dem Kindergarten oder der Schule heraus, Abschiebung einer Geflüchteten während der Geburt, Abschiebung von schwer Kranken… allein die Liste der Fälle, welche in den letzten Monaten durch die Medien gingen, lässt sich in grauenhafter Endlosigkeit immer weiter fortsetzen. Seit August 2018 ist nun von Union und SPD beschlossen, das neue Regelwerk auch in Beton gießen zu lassen: Das AnKERzentrum ist geboren.
AnKER steht hierbei für „Ankunft, Entscheidung und Rückführung“. Schon in der Bezeichnung wird also von Bleiberecht nicht mal mehr gesprochen.
Die AnKERzentren dienen zu einer weiteren Konzentration der Geflüchteten und sollen die rechtliche Regelung zur schnelleren Abschiebung nun in der Realität zur vollen Umsetzung bringen.
Ankommende sollen hier bis zu 18 Monaten festgehalten werden, ohne jeglichen Zugang zu Integrationsmaßnahmen.
Die Zustände in Lebach sind derweil auch bei neuer Betitelung weiterhin katastrophal: Die Wohn- und Sanitärsituation ist völlig unzureichend, Geflüchtete werden in Ein- Euro-Jobs ausgebeutet, sozial isoliert und von den Mitarbeitenden teilweise drangsaliert sowie von vielen Seiten rassistisch angefeindet.
Doch egal wie reaktionär die deutsche Staat und seine Institutionen sich auch zeigen: Einer Mehrheit der Bevölkerung ist das noch nicht genug und sie schreien nach Verschärfung um Verschärfung.Während die Asylregelungen immer weiter verschärft werden, garantiert die Bundesregierung durch das neue Einwanderungsgesetz einen möglichst flüssigen Zuzug von ausländischen Fachkräften. Während es also bald für einen Mann aus Marokko, der wegen seiner Homosexualität dort im Knast landete und gefoltert wurde, unmöglich sein wird, Bleiberecht in Deutschland zu erhalten, ist der marokkanische Ingenieur willkommen.
Wir erleben hier eine generelle Tendenz in den kapitalistischen Zentren der Welt: Während der humanistische Lack immer weiter abblättert, wird zugleich die Möglichkeit der kapitalistischen Ausbeutung Menschen jeder Herkunft begünstigt.
Dies zeigt sich aber auch bei Geflüchteten: Profiteure der Geflüchtetenökonomie wie christliche Kirchen oder auch die Ausbeuter im Niedriglohnsektor gehören daher leider mit zu den letzten Verteidigern des Rechtes auf Asyl.
Die EU lässt hingegen Zäune und Lager bauen, Menschen im Mittelmeer ertrinken, in Transitzentren an Krankheiten sterben, schiebt in Gebiete ab, in welchen sie selbst Krieg führt und bezahlt Diktatoren jeglicher Couleur dafür zu verhindern, dass Geflüchtete es überhaupt nach Europa schaffen.
Während die EU innerlich sowohl politisch als auch sozial immer mehr an ihren eigenen Widersprüchen scheitert, schottet sie sich nach außen immer stärker ab. Die Krisentendenzen des Kapitalismus zeigen ihre Folgen: Die Angst vor der Armut und das reale Abhandenkommen des relativen materiellen Wohlstands ist allgegenwärtig in Europa.
Das ständige Verteidigen der nationalen Ökonomie und ihres staatenübergreifenden Wirtschaftsbündnisses gegen den Rest der Welt zwingt die Politik dazu, alle Menschen zum Verkauf ihrer Arbeitskraft auf notwendigerweise immer höhere Profitraten erzielenden global monopolisierten Märkten zu drängen.
Das „Humankapital“ muss dabei geformt werden, wodurch sich die gesellschaftliche Zurichtung verschärft.
Ist die Reservearmee der arbeitslosen Ersatzarbeitskraft zu groß, dann ist auch der Erhalt menschlichen Lebens nicht mehr von Belang.
Wo Menschen nur Material für die Weltmarktkonkurrenz sind, wo Staaten Menschen nach ihrem zugeordneten Wert sortieren können, da wird es immer Flucht und Verfolgung geben müssen. Im deutschen Fall zu dieser allgemeinen Entwicklung kommen nationale Spezifika hinzu: In wenigen Regionen der Welt ist das Leistungsdenken verbunden mit dem Hass auf den notwendigen Verlierer derart Nationalideologie.
Die Unterscheidung in den nützlichen und den unnützlichen Einwandernden seit je her als Volksmeinung – und Wille so verbreitet.
Selbst als Anfang des Jahres feststand, dass 30 deutsche Kommunen bereit für die Aufnahme von Seenotgeretteten wären, Saarbrücken war entgegen unserer Forderungen natürlich nicht dabei, lehnte das Innenministerium unter Horst Seehofer die Initiative ab. Das Programm soll offenbar das des Sterben-Lassens sein.Schuld an den Widersprüchen der Welt war in Deutschland noch nie das kapitalistische System, sondern immer „die Anderen“ die nicht zum völkischen Kollektiv zählten.
Zudem entledigt sich Deutschland seit es durch die Wiedervereinigung wieder zur Weltmacht aufgestiegen ist, endgültig der wenigen Fesseln seiner massenmörderischen Geschichte und spielt sich gerade in der Flüchtlingspolitik noch als moralisch überlegen auf.
Hatte die alte BRD zumindest als Konsequenz aus der NS-Zeit und auf Zwang durch die Alliierten noch ein vergleichsweise großzügiges und liberales Asylrecht, so wird seit 1990 dieses immer mehr abgebaut.
Aus der Geschichte lernt man nämlich in Deutschland nur, wenn dadurch das Ansehen in der Welt und die Wirtschaftsbeziehungen verbessert werden oder man sich in besinnlicher Gedenkkuschelei beweisen kann, wie anders und sensibel man geworden ist.
Gleichzeitig werden immer massenhafter Menschen festgesetzt und abgeschoben.Diese Situation zwingt uns zum Handeln. Wir appellieren deshalb klar und deutlich an euch alle:Unterstützt die existierenden Initiativen und engagiert euch bei ihnen!Helft dabei die Lebensbedingungen für Geflüchtete vor Ort möglichst erträglich zu gestalten!Zeigt, dass ihr mit der Politik der Abschiebung nicht einverstanden seid!
Das bedeutet auch, sich aktiv gegen Abschiebungen zu stellen.
Wenn ein Schulkind aus der Schule abgeholt werden soll, blockiert die Polizei!
Wenn bei Geflüchteten, zu denen ihr Kontakt habt, Abschiebungen anstehen, dann helft ihnen dieser zu entgehen!
Und tretet dem rassistischen Mob entgegen, welcher jenen, die sich mit dem Leben hierher gerettet haben, dieses doch noch zur Hölle machen will!Dies wären notwendige aber nicht hinreichende Bedingungen um der Barbarei entgegenzutreten. Aus dem Widerstand gegen diese Zustände müssen wir eine Bewegung aufbauen deren letztlich sein muss, Deutschland und den Kapitalismus zu überwinden, um eine klassenlose Weltgesellschaft zu schaffen, in welcher niemand mehr flüchten muss.