Zum ZeroCovidAktionstag:

Zum #ZeroCovidAktionstag am 10. April versammelten sich um die 120 Menschen vor der Saarländischen Staatskanzlei, um gegen die menschenverachtende Coronapolitik der Regierung zu protestieren. Während die dritte Welle – die der Mutanten – an Schwung gewinnt, seriösen Prognosen zufolge auch bereits nicht mehr aufzuhalten ist, ist das Saarland seit ein paar Tagen „Modellregion“. Die saarländische Landesregierung erklärt allen Warnungen von Wissenschaft, Medizin und Mathematik zum Trotz, die Pandemie als nahezu beendet oder wenigstens aber als unter Kontrolle.

Neben Redebeiträgen der Antifa Saar / Projekt AK, der Seebrücke Saar, der Linksjugend Saar, dem Friedensnetzwerk und einer Rede von Michael Quetting (Pflegebeauftragter der Verdi) hielten auch wir eine Rede.

Wie üblich stellen wir Euch die hier zur Verfügung.

Gesundheit und Menschenleben sind immer (!) wichtiger sind als Unternehmensprofite. Das steht für uns nicht zur Disposition. Daher braucht es einen solidarischen Shutdown. Braucht es Impfstoffe, die Allgemeingut sind.

Für einen solidarischen Shutdown zur konsequenten Eindämmung des Virus und das Ende der Pandemie!

Das System hat versagt. Zero Covid, Zero Capitalism!



Redebeitrag ConnAct zur Kundgebung zum ZeroCovid-Action Day am 10. April 2021

Liebe Saarländer_innen, liebe Genoss_innen, liebe Freund_innen,

Beginnen möchten wir mit einem Zitat von uns selbst:

„Die unbeholfene deutsche Strategdiese gegen das Virus nennt sich „flatten the curve“, das Abflachen der Infektionskurve. Diese ist inzwischen zum nationalen Bekenntnis geworden. Dass eben diese Strategie nicht dieselbe ist, wie eine gezielte Eindämmung des Virus durch massenhafte Tests, gezielte und betreute Quarantäne und einem wirklichen gesellschaftlichen Shutdown, wird in der Debatte häufig vergessen. Für eine solche gezielte Eindämmung war der deutsche Staat nicht Willens sich vorzubereiten und ist deshalb auch gar nicht dazu in der Lage.“

Das dürfte inzwischen zumindest unter den hier Anwesenden eine weit verbreitete Ansicht sein.

Wir können jedoch auflösen, dass dieses Zitat von uns fast ein Jahr alt ist. Wir möchten damit nicht triumphierend belegen, dass wir Recht hatten, sondern damit zeigen, dass es bereits vor einem Jahr völlig zutreffende Einschätzungen dazu gab, was die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die deutsche kapitalistische Klassengesellschaft betrifft. Zutreffende Einschätzungen darüber, das „flatten the curve“ nicht reichen wird, um die Pandemie zu besiegen.

Die Tragik liegt allerdings genau darin, dass wir heute hier stehen und euch eigentlich dasselbe erzählen können, wie vor einem Jahr:

Immer noch gilt: Das System versagt! Inzwischen sind in der BRD über 75.000 Menschen an Corona verstorben, viele weitere werden an den Langzeitfolgen zu leiden haben. Dies ist ein konkretes Resultat der Politik der deutschen Regierung und des deutschen Kapitals!  Dass diese Zustände nicht einfach nur eine Naturkatastrophe sind, sehen wir beispielsweise im Vergleich zu Vietnam: Dort gibt es seit dem Beginn der Pandemie ingesamt 2.600 Corona-Fälle und 35 Todesfälle.

Währendessen herrscht hierzulande in nahezu jedem gesellschaftlichen Bereich die Krise – in der Pflege, in den Schulen, in der Kultur: Wirkliche Perspektiven sind hier nach einem Jahr Pandemie nicht zu sehen. Lüften gilt immer noch als ausreichendes Hygienekonzept und viele Scheinselbstständige stehen am Ende ihrer Existenz, weil die versprochene Unterstützung ausbleibt. Für die Pflege kam nach dem Applaus die 12-Stunden-Schicht und eine Packung Lyoner.

Die Krise trifft aber nicht alle gleich: Die Reichen werden noch reicher, die Autoindustrie kann durch das Kurzarbeitergeld ihre Absatzkrise hinausschieben, die Aktionäre bekommen aus den Steuergeldern der „Bazooka“ höhere Dividenden. Die Armen werden noch ärmer, die einen bekommen immerhin Home-Office vom Chef erlaubt, die anderen müssen in vollen Fabrikhallen und in Großraumbüros fast ohne Infektionsschutzmaßnahmen noch härter arbeiten.

Auch stellen wir fest, dass es in diesem Land nicht möglich ist, dem Kapital auch nur einen weiteren freien Tag allein zum Zweck des Infektionsschutz abzuringen. Für einen solchen Vorschlag entschuldigt sich die Bundeskanzlerin öffentlich. Für die Verhältnisse in den Krankenhäusern, für die fast 80.000 Toten, für die verlorenen Existenzen, für die Korruption und Bereicherung von Teilen der CDU-Fraktion wird es jedoch keine öffentliche Entschuldigung geben. Wir sehen genau, wem sich die Kanzlerin zur Rechenschaft verpflichtet sieht.

Die sozialen Auswirkungen der Corona-Krise sind Klassenfragen, sie sind Fragen des Geschlechts, sie sind Fragen imperialistischer Konkurrenz und Unterdrückung, sie sind auch Fragen von Rassismus. Deshalb sagen wir: Solidarität muss für alle gelten! Unabhängig von Herkunft und Staatsangehörigkeit. Und zwar nicht nur in der Pandemie, sondern auch danach!

Obwohl die katastrophalen gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und der Krise immer mehr zu Tage treten, haben wir genau das nicht, was die Zero-Covid Kampagne fordert: Keinen solidarischen Shutdown, keine Vergesellschaftung von Impftoff und Gesundheitswesen, keinerlei Antasten der Vermögen der deutschen Bourgeoisie. Es ist vergebens, von einer deutschen Regierung auch etwas anderes zu erwarten und zu fordern: sie wird nicht von selbst vernünftig. Ihre Aufgabe ist die Aufrechterhaltung der Rahmenbedingungen des Kapitalismus in Deutschland.

Seit Beginn der Pandemie werden die selben Fehler in der Pandemiebekämpfung immer und immer wieder gemacht. Jedesmal stellt sich ein weiterer Ministerpräsident mit dem Satz: „Man hätte es nicht wissen können“ vor die Kameras der Republik. Die Politik ignoriert die Ratschläge der Wissenschaft, wenn die ihnen nicht in die politische Linie passen. Die Wahnvorstellung der Querdenker, man lebe in einer „Diktatur der Virologen“ könnte falscher kaum sein.  Und trotzdem müssen gerade Querdenker & Co, im Gegensatz zu ihren Gegendemonstrant_innen, kaum staatliche Repressionen fürchten. Man lässt sie zumindest gewähren, wo sie nicht in Massen das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellen. Die eigene verfehlte Coronapolitik der Regierung wird auch dank der ungewollten Mithilfe der Querdenker als Kompromiss derer, „die mehr Maßnahmen wollen“ und derer, die „keine Maßnahmen wollen“  dargestellt, und so als vernünftig deklariert.

Wir dürfen uns nichts vormachen:

Wenn die Appelle der Wissenschaft seitens der Politik ignoriert werden, wird es auch linker Protest schwer haben, sich durchzusetzen. Deshalb sollten wir nicht einfach Forderungen an Merkel und Hans stellen. Stattdessen müssen wir alle kompromisslos für die Interessen derer Einstehen, die von dieser Krise auf vielfältige Art und Weise am meisten betroffen sind. Wir müssen sowohl gesamtgesellschaftlich wie im alltäglichen Leben jedes Einzelnen für den konsequenten Schutz der Gesundheit und der Existenzen der Bevölkerung einstehen. Für eine solidarische Bewegung, die dagegen ankämpft, dass wir alle uns tagtäglich vereinzelt zwischen Gesundheitsschutz und ökonomischer Existenz entscheiden müssen.

Doch selbst davon sind wir weit entfernt: Die Linkspartei im Saarland unterstützt teils ganz offen das „Modellregionsprojekt“ der Großen Koalition und die Gewerkschaften vereinen sich teilweise mehr mit den Unternehmern zum gemeinsamen Kampf um „Arbeitsplätze“, anstatt durch Massen-Streiks und andere Protestformen eine solidarische Pause zu erzwingen, die nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Umso erfreulicher für uns ist es, dass wir auch heute sehen, dass es im Saarland Mitglieder und Funktionäre der Gewerkschaften gibt, die sich mit Nachdruck für die objektiven Interessen ihrer Mitglieder und der Bevölkerung einsetzen.

Zuletzt möchten wir noch einen Blick auf die Zukunft richten: Für die Corona-Politik gilt nämlich: Nach der Krise ist vor der Krise. Die Regierung wird die wenigen „Wohltaten“, die zur Erhaltung der Gesamtproduktivität des Proletariats aufgewendet werden mussten, wieder einfordern. Schon jetzt schreien sie nach Rentenkürzungen, höheren  Massensteuern und Abgaben für die allgemeine Infrastruktur und danach,  „alle Staatsleistungen auf den Prüfstand zu stellen“. Auch deshalb dürfen wir nicht damit warten, eine schlagkräftige politische Bewegung auf die Beine zu stellen, die sich der deutschen Regierung und dem deutschen Kapital politisch entgegenstellt.

Dazu müssen wir ein echtes politisches Angebot für alle in die Gesellschaft tragen:

  • Solidarischer Shutdown jetzt! Aus Solidarität mit allen gefährdeten Menschen und aus Solidarität mit den Arbeiter_innen im Gesundheitswesen.
  • Den Aufbau eines Gesundheitswesen nach den Bedürfnissen von Patient_innen und Gesundheitsarbeiter_innen. Leben vor Profit!
  • Sicherung aller Existenzen und Wohlstand für alle auf Kosten der Krisenprofiteure!
  • Konsequenter Schutz für alle Menschen ohne Zuhause, auf der Flucht oder vor häuslicher und sexueller Gewalt. – Schutz für die Betroffenen von rassistischer, sozialchauvinistischer und willkürlicher Polizeigewalt!
  • Eine Neustrukturierung und Planung der gesellschaftlichen Produktion und Verteilung ausgehend von den teilweise jetzt zu Tage tretenden Grundbedürfnissen der Bevölkerung!

Schluss mit dem Sterben für Kapital und Nation!

Zero Covid heißt auch Zero Capitalism! Gegen Kapital und Patriarchat und für den Sozialismus!