30 Jahre „wiedervereinigtes“ Deutschland heißt Rechtsruck, Sozialabbau, Krieg!

„Wer die Gewerkschaft will wird den Unternehmerverband kriegen, wer den Videorekorder will wird die Videofilme kriegen. Wer die Buntheit des Westens will, wird die Verzweiflung des Westens kriegen.“ (Ronald M. Schernikau)

 

Vor 30 Jahren, am 3. Oktober 1990, siegte die Konterrevolution. Die sogenannte „Wiedervereinigung“ feiern heute pflichtbewusst nur noch die politische Elite und ein paar besonders widerliche Nationalisten. Für den Rest der Gesellschaft ist der völkische und revisionistische Gedanke, dass „Zusammengewachsen ist, was zusammengehört“, durchgesetzt. Das ist der Konsens der Demokraten. Mit der Konterrevolution wurde nicht nur der erste sozialistische Versuch auf deutschem Boden, die DDR, liquidiert, sondern mit ihr auch die gesamte Nachkriegsordnung. Das bedeutete – nach der militärischen Niederlage des deutschen Nazifaschismus, nach industrieller Massenvernichtung von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, nach dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, nach der Okkupation großer Teile Europas – die Wiedererlangung umfassender Souveränität des deutschen Imperialismus. Und, durch die Annektion der DDR, die größte Gebietserweiterung eines Staates nach 1945.

Nachdem der deutsche Imperialismus durch „Systemkonkurrenz“ und die reine Existenz der DDR darauf verpflichtet war, sozialdemokratische oder besser staatsmonopolistische Formen der Verwaltung des Kapitalismus anzunehmen, wurde dies im Zuge der Konterrevolution aufgegeben. 30 Jahre Großdeutschland brachten 30 Jahre Klassenkampf von oben, brachten den größten Niedriglohnsektor Europas, brachten das Kontroll- und Repressionsregime Hartz 4. In den sogenannten „neuen Bundesländern“ brachte die Annektion der DDR statt „blühenden Landschaften“ die Raubzüge der Treuhand, Deindustrialisierung und Massenarbeitslosigkeit. Sozialdemokratische Minister konnten von der Wiedereinführung der Zwangsarbeit träumen. Durch die EU hat sich vor allem das deutsche Kapital einen europäischen Binnenmarkt geschaffen. Die Verlierer dieses deutschen Europas werden im Sinne der deutschen Tugenden, Fleiß und Sparsamkeit, gemaßregelt. Die sozialchauvinistische Hetze gegen „Pleite-Griechen“ und „faule Südländer“ geht einher mit der Erpressung der griechischen Regierung und der Enteignung griechischen Staatsvermögens durch deutsches Kapital.

Die wiedererlangte deutsche Souveränität brachte die selbstbewusste Rückkehr des deutschen Imperialismus auf die Weltbühne der Staatenkonkurrenz. Deutschland führt wieder Krieg! Auftakt war die dritte deutsche Bombardierung Belgrads innerhalb eines Jahrhunderts. Inzwischen verteidigt man deutsche Interessen am Hindukusch. Deutschland ist drittgrößter Waffenexporteur! Gleichzeitig inszeniert man sich in ungebrochener deutscher Tradition als „Friedensmacht“ und „Mittler“. Nach den USA hat die Bundeswehr die meisten Soldaten auf dem Erdball verteilt. Die deutsche Außenpolitik konnte fortan ausschließlich nach deutschen Interessen gestaltet werden. Europa sollte als „Old Europe“ als eigenes imperialistisches Zentrum unabhängig von den USA und Russland oder neuerdings China formiert werden. Selbstbewusst fordert man einen festen Sitz im UN – Sicherheitsrat. Heiko Maaß schwafelt im September 2020 davon, dass der UN-Sicherheitsrat nicht mehr „die realen Machtverhältnisse“ in der Welt wiederspiegele. Das Ende der Nachkriegsära bedeutete die Wiederkehr des deutschen Imperialismus als Weltmacht und nach eigenen Interessen und militärischen Möglichkeiten handelnde Kriegspartei!

Das Asylrecht – zur Delegitimation der DDR von großer Bedeutung – wurde 1993 im Zuge einer nationalistischen Hetzkampagne faktisch abgeschafft. Seither baut die EU die „Festung Europa“ auf – vor allem nach deutschen Interessen. Die Dublin – Systeme beruhten darauf, dass Schutzsuchende Länder wie Deutschland gar nicht erst erreichen. Nach dem Scheitern dieser Strategie konnte sich Deutschland als „humanitäre Flüchtlingsmacht“ inszenieren, um danach durch den Ausbau und Militarisierung der Festung Europa, der Kriminalisierung der Seenotrettung, der Verlagerung der Flüchtlingsbekämpfung auf den afrikanischen Kontinent, einen Krieg gegen Geflüchtete zu führen.

Auch der Nazi – Terror wurde mit der Osterweiterung der BRD und dem damit einhergehenden deutsch – nationalen Taumel endgültig entfesselt. In der Nacht des 2. auf den 3. Oktober 1990 gab es eine Vielzahl an Angriffen auf Linke und auf von den Nazis als Nicht – Deutsch identifizierte Menschen. Während das neue, geeinte Volk im deutschen Fahnenmeer feierte, mussten Linke und von Rassismus betroffene Menschen teils ihre Häuser und ihr Leben schützen. Die Staatsmacht hatte nicht vor, einzuschreiten, und riet beispielsweise mosambikanischen Vertragsarbeitern, ihre Häuser besser nicht zu verlassen. Nach der Annektion der DDR fantasierten deutsche Neonazis offen von einer „nationalen Revolution“, welche nach der DDR auch die BRD stürzen sollte. In diesem Klima konnte sich auch das terroristische Netzwerk des „Nationalsozialistischen Untergrund“ formieren. Dieser konnte, gedeckt und teils unterstützt von staatlichen Behörden, in der Hochphase des von der Rot – Grünen Bundesregierung in den 2000ern ausgerufenen „Aufstand der Anständigen“ mordend durch die Republik ziehen. Im rot – grün „modernisierten“ Deutschland wurden die Taten in rassistischer Manier den Betroffenen öffentlich angelastet. Inzwischen wurde mit der AfD eine faschistische Partei mit einem einflussreichen Naziflügel geschaffen. Der rechte Rand träumt von der sogenannten „zweiten Wende“.

Aus all diesen Gründen sagen wir: Wir feiern nicht!

Wir lieben dieses Land und seine Leute nicht! Am meisten hassen wir jedoch seine Bourgeoisie!

Nie wieder Deutschland!

Für sozialistische Experimente!