Kampf der Festung Europa – Solidarität jetzt – St. Ingbert zum Sicheren Hafen

Hier unser Redebeitrag von der Kundgebung

Liebe Genoss_innen, liebe Freund_innen,

wir stehen heute vor den Helfern_inner der Mörder, sie morden nicht selbst, beklatschen aber das Elend und den Tod an den EU-Außengrenzen oder ignorieren dieses bewusst. Sie müssen sich dabei nicht aus ihren Amtsstuben begeben, ihre Aufgabe ist es nicht, im Kalten auf Menschen zu schießen oder aufs Meer zu stoßen, nein, ihre Aufgabe ist, dieses Unrecht moralisch und formal zu legitimieren.

Jede Person weiß, was geschieht und warum die Menschen fliehen. Es sind Menschen, die alles hinter sich gelassen haben, um in Europa nicht länger Angst haben zu müssen vor dem nächsten Winter, der nächsten Ernte oder dem nächsten Überfall von Mörderbanden.

Die Hoffnung dieser Menschen wird jedes Jahr ein weiteres Stück pervertiert. 

Jedes Jahr wird die Abschottung der EU weiter vorangetrieben, jedes Jahr gibt es neue humanitäre Katastrophen. Und erst, wenn die Lage dann mal total eskaliert, wird sie in der sogenannten Mitte der Gesellschaft überhaupt wahrgenommen. Wenn sich dann die unvorstellbaren Bedingungen nicht mehr leugnen lassen und über die möglich Aufnahme von gerademal 1500 Menschen diskutiert wird, reagieren die üblichen Menschenfeinde mit bekannter Empathielosigkeit. 

So heißt es, man dürfe sich nicht erpressen lassen, geäußert von z.B Jana Schimke, für die CDU im Bundestag. Gleichzeitig wird ein „Kontrollverlust“ herbeiphantasiert und erklärt, ein neues „2015“ dürfe sich nicht wiederholen, so Christian Linder aus der FDP. Auch die SPD, die sich gerne mal als das gute Gewissen der Regierung inszeniert, stimmte in der Vergangenheit mehrmals gegen die Aufnahme von Geflüchteten.

Denn gerne stellt sich die grün-liberale Zivilgesellschaft als Anti-These zur AFD dar. An den EU-Außengrenzen zeigt sich jedoch wieder einmal, dass es keine AFD und keine Nazis braucht für rechten Terror, für rechte Demagogie und für rassistische Abschottungspoltik. 

Das schaffen der demokratische deutsche Staat, seine Zivilgesellschaft und die ach so weltoffene EU ganz alleine.

Die Dreistigkeit, diese Heuchelei ist schockierend, aber trauriger Normalzustand im bürgerlich-liberalen Diskurs. 

Wir stehen hier voller Verachtung. Verachtung für die Verantwortlichen, die wiedereinmal nur zuschauen und den Zustand an den EU-Außengrenzen schulterzuckend in Kauf nehmen. Beliebte Phrase dieser Menschenfeinde ist zur Zeit die Erklärung, dass es zuerst eine europäische Lösung brauche, dass man also auch weiterhin nichts tun müsse. ​​​​​​​Wir kennen dieses Verstecken hinter herbeihalluzinierten „Sachzwängen“ zu gut, ist es doch die Lieblingslüge aller Reaktionären, wenn es darum geht, zu verhindern, dass die Gesellschaft auch nur ein kleines bisschen besser wird. 

Tatsächlich gibt es aber – im rein negativen Sinne – schon eine einheitliche europäische Flüchtlingspolitik: Diese bedeutet Tod oder Internierung in Lagern außerhalb der Machtzentren von Europa. Es gibt z.B seit März 2016 den sogenannten EU-Türkei Deal, womit versucht wird, die Menschen schon weit vor den Außengrenzen zu stoppen. Sollten sich die Menschen trotzdem über das Meer an die Grenze von z.B Griechenland wagen, werden durch Küstenschutz oder Marine des EU-Landes Griechenland die Boote fahruntüchtig gemacht und erneut auf das offene Meer gezogen. Die Daten der Seeaufklärung kommen dabei von der EU-Truppe Frontex, wo ca. 100 Deutsche Beamte arbeiten. Hier können die deutschen Polizisten ihre rassistische Expertise und ihre Menschenfeindlichkeit ohne Angst vor der Öffentlichkeit ungestört und mörderisch ausleben. Dass Menschen sterben ist nicht zufällig, sondern gewollt.

Auch sonst ist die Lage in der Türkei für Geflüchtete unzumutbar, ca. 3,6 Millionen registrierte Geflüchtete gibt es mindestens. Die humanitäre Lage ist unhaltbar und von Gewalt und Ausbeutung geprägt.

Die Lage in den anderen Anrainerstaaten der EU ist genauso oder noch schlimmer als in der Türkei, ob in Libyen oder auf dem Balkan. Es ist nur medial noch weniger präsent, das Leiden der Menschen vor Ort ist in der Aufmerksamkeitsverwertung nicht wichtig genug. [Aufmerksamkeitsverwertung ist guter punkt, ggf noch ausführen]


Das alles geschieht nicht ohne Grund, sondern sondern ist unmittelbare Folge von den Zielen und der Konstruktion der Europäischen Union. Die EU ist ein Bündnis kapitalistischer Staaten, die sich einen gemeinsamen Binnenmarkt geschaffen haben, um in der Weltmarktkonkurrenz mithalten zu können. Zu diesem Europa gehört schon immer die Abschottung seiner Außengrenzen, das Zentrums des Kapitalismus wird verteidigt, indem militärisch gegen alle für die Kapitalverwertung überflüssigen Menschen vorgegangen wird und jene als Bedrohung inszeniert werden, die vor Armut, Krieg und Verfolgung fliehen müssen.

Die EU ist kein Symbol für Frieden nach dem Ende des Nationalsozialismus, ist kein Zeichen der Einheit und Solidarität. Europa bedeutet für die Menschen, die nicht von ihr profitieren, jahrzentelange Ausgrenzung, Armut, Arbeitslosigkeit. Diese Widersprüche der EU selbst befeuern überall in Europa Nationalismus und einen Aufschwung reaktionärer und faschistischer Kräfte!

Auch als radikale Linke dürfen wir nicht dem ewigen Spiel von repitetiver Empörung verfallen und uns strategielos von einer Katastrophe zur nächsten tragen lassen. Genausowenig dürfen wir uns mit konsquenzloser Symbolpolitik zufriedengeben, die oft nur der Beschwichtigung dient. Stattdessen muss es darum gehen, hier und jetzt den Brandstiftern in Berlin und Brüssel das Handwerk zu legen.


Um diesen europäischen Zuständen wirklich etwas entgegenzusetzen können, müssen wir unsere Seite aufbauen und stärken. Wir müssen die Seite der Solidarität zu einer schlagkräftigen politischen Kraft entwickelt, gegen den Faschismus und gegen die mörderische Bundesregierung sowie die EU. Aus dem Widerstand gegen diese Zustände müssen wir eine Bewegung aufbauen, deren Ziel letztlich sein muss, die Gründe für Flucht und Abschottung, den Kapitalismus, die Kriege, die reaktionären politischen Bewegungen weltweit zu bekämpfen und zu überwinden, um eine sozialistische Weltgesellschaft zu schaffen, in welcher niemand mehr flüchten muss, in der es keine Grenzen mehr braucht.

Solidarität ist keine bloße Floskel, sondern bedeutet gemeinsames Organisieren und gemeinsames Kämpfen und konsequenten Widerstand gegen die deutschen und europäischen Zustände!

Lasst uns unsere Solidarität organisieren mit den Geflüchteten, die gegen die unwürdigen Lebensumstände rebellieren!

Lasst uns solidarisch sein mit den existierenden Initiativen für Seenotrettung, mit selbstorganisierten Geflüchteteninitiativen, mit den Antifas hier und in Griechenland.

Lasst uns eine schlagkräftige politische Bewegung aufbauen, welche auf die vom Staat vorangetriebene Faschisierung und der damit verbundenen Politik der Abschottung reagieren kann!

Lasst uns den antifaschistischen und antirassistischen Selbstschutz gegen den rechten, rassistischen und antisemitischen Terror organisieren!

Wir fordern: Schluss mit den Asylrechtsverschärfungen! Für die Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl!

Wir fordern:

Freie Fluchtwege und sichere Ankunftsländer!

Grenzen öffnen jetzt!

Das gute Leben für alle erkämpfen: Sozialismus oder Barbarei!