Redebeitrag auf der Kundgebung “Auf nach Sulzbach!”

Liebe Genoss_innen, Freunde der Einheitsfront,Als dem Nazifaschismus 1933 im Deutschen Reich die Macht übergeben wurde, wurde auch die „Heim-ins-Reich“- Sehnsucht der Saarländer_innen wieder vom virulenten, völkischen Gefühl zu einer mächtigen politischen Bewegung. Unter der Losung „Deutsch ist die Saar“ schlossen sich im nationalen Wahn schließlich das faschistische und bürgerliche Lager zur „Deutschen Front“ zusammen. Die nahezu vollständige Selbstaufgabe des bürgerlichen Lagers war keine erzwungene Gleichschaltung, der Großteil der Liberalen und Konservativen folgten den Nazis begeistert.

Auch eine einheitliche Linie in der Arbeiter_innenbewegung ließ zu lange auf sich warten. Erst im Jahr 1934 einigten sich KPD und SPD darauf, für den „Status Quo“ zu werben. Einige katholische Antifaschist_innen schlossen sich an. Die Einigkeit bestand nur darin, das Saargebiet nicht dem Nazifaschismus zu überlassen. Im Geiste von Bertolt Brechts: „Genossen, haltet die Saar“Hier an diesem Ort trat die Einheitsfront vor 85 Jahren zu einem letzten Aufbäumen zusammen und konnte 60.000 Anschlussgegner_innen versammeln. Die Einheitsfrontkundgebung besaß Strahlkraft und war für antifaschistische Kräfte ein wichtiges Zeichen. Trotzdem blieb die Opposition gegen den Anschluss marginal in der saarländischen Gesellschaft.

Es folgte die krachende Niederlage. Dass die Einheitsfront gerade mal 9% der Stimmen für den „Status Quo“ vereinen konnte, war nicht nur ein triumphaler Sieg für den deutschen Faschismus, sondern zeigte auch, dass der deutsche Nationalismus auch bei sozialdemokratischen und kommunistischen Wähler_innen verankert war.

Die heute noch verbreitete revisionistische Haltung, die saarländische Bevölkerung hätte ja nicht für Hitler, sondern nur für Deutschland gestimmt, muss bekämpft werden. Angesichts der Mobilisierungserfolge der „Deutschen Front“, die kurz vor der Abstimmung Hunderttausende auf den Wackenberg mobilisieren konnte, der Begeisterung der Saarländer_innen für den Nationalsozialismus und der schlichten Tatsache, dass für Deutschland stimmen automatisch hieß für Hitler zu stimmen. Das Ergebnis der Abstimmung war ein Todesurteil für saarländischen Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Kommunist_innen, Sozialdemokrat_innen und Menschen, die ihr Exil schon im Saargebiet suchen mussten.

Zu Gedenken ist den tapferen Antifaschist_innen, die weiter kämpften, illegale Arbeit leisteten oder vom Exil aus an der Niederlage des Nazifaschismus arbeiteten. Denjenigen, die sich Partisanenkämpfer_innen, den Inernationalen Brigaden in Spanien oder einer Armee der Anti-Hitler-Koalition anschlossen. Ihnen gilt unser Dank!

Wir als Antifaschist_innen heute, die wir konfrontiert sind mit einem wieder selbstbewusster auftretendem rechten Terror, der AFD als neuem parlamentarischen, organisatorischen und finanziellen Rückgrat einer sich formierenden völkischen Bewegung, sowie mit Staatsapparaten, aus denen Nazistrukturen unterstützt, aufgebaut und finanziert werden und aus denen rechter Terror vorbereitet wird.

Wir müssen von der antifaschistischen Einheitsfront im Saarland und aus ihrer Niederlage lernen.

Eine Einheit der Antifaschist_innen heute bedeutet jedoch nicht mit möglichst vielen Menschen die angeblich eigene Demokratie oder bunte und offene Gesellschaft zu feiern. Also möglichst Viele unter einer nichtssagenden Parole wie „Wir sind mehr“ hinterherlaufen zu lassen oder gleich Bündnisse mit Islamisten zu schließen, wie heute bei Unteilbar in Dresden.

Einheitsfront kann nur bedeuten sich um eine richtige, die Betonung liegt auf Richtig, strategische oder taktische Losung oder Forderung zu gruppieren. Diese müsste heute als demokratischen Mindestkonsens die Niederlage der AFD, die Zerschlagung von allen Nazistrukturen und die Abschaffung des Verfassungsschutzes zum Inhalt haben. Das heißt, die Verhinderung von faschistischer Agitation, Organisation und Praxis.

Das würde erstens bedeuten, dass viele von denen, die die Einheitsfrontkundgebung vereinnahmen, nicht Teil einer solchen sein können. Zum Beispiel der Bürgermeister dieser Stadt Sulzbach, welcher im April letzten Jahres der Neonaziband „Kategorie C“ netterweise den Lieder- und Propagandaabend verlängert hatte, genau an dem Ort, an dem vor 17 Jahren Achmed Scharlak mit 5 Messerstichen von Neonazis rassistisch ermordet wurde. Der Sulzbacher Bürgermeister wäre also Gegner einer solchen antifaschistischen Einheitsfront.

Das würde zweitens bedeuten, jede deutsch-nationale, jede revanchistische, jede rassistische, jede antisemitische und jede antiziganistische Gesinnung auch innerhalb der gesellschaftlichen oder parlamentarischen Linken zu bekämpfen. Eine antifaschistische Einheitsfront muss Querfrontbestrebungen bekämpfen!

Zuletzt würde es bedeuten, die Geschichtslosigkeit des zivilgesellschaftlichen Antifaschismus heute zu überwinden. Das heißt, an die faschistischen Kontinuitäten zu erinnern, die in den Apparaten des deutschen Staates fortleben, das Gedenken und die Kämpfe der Betroffenen der mörderischen Kontinuität der deutschen Nation zu unterstützen. Und mit am wichtigsten, den Antikommunismus der angeblich geläuterten deutschen Zivilgesellschaft zu bekämpfen, der rechte und linke Gewalt gleichsetzt und somit die notwendige antifaschistische Militanz delegetimiert.Eine Einheitsfront auf dieser Grundlage bräuchte es, um den demokratisch-antifaschistischen Abwehrkampf, der vor uns liegt, konsequent führen zu können. Ein Schritt dorthin ist auch das Erinnern an die Geschichte der antifaschistischen Bewegung, wie wir es heute praktizieren!


In diesem Sinne:

Gegen Deutschland!

Es lebe die antifaschistische Einheitsfront!

Es lebe der Sozialismus!