Unsere Rede von der diesjährigen 1. Mai Demonstration:
Kolleginnen und Kollegen! Genossinnen und Genossen!
Unser Block ist nicht gegen die, die dort drüben mitgehen, wir sind zusammen hier! Wir treten ein für die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter – konsequent! Und weil wir konsequent für die Interessen der Arbeiter:innenklasse eintreten, können wir nicht für Gewerkschaftsarbeit sein, die nur aus Tarifverhandlungen und schlechten Kompromissen besteht, die uns auch noch als Siege verkauft werden!
Die Gewerkschaften müssen endlich wieder aus dem Käfig der angeblichen Sozialpartnerschaft ausbrechen! Was ist daran partnerschaftlich, wenn die Unternehmen weiterhin riesige Profite einfahren und unser Lohn von der Inflation gefressen wird? Was ist daran partnerschaftlich, wenn die Gewerkschaften nur kopfnickend der Abwicklung der großen Industriebetriebe zusehen? Wir müssen endlich realisieren, dass es für die Arbeiter:innenklasse keine gerechten Kompromisse mit den Interessen des Kapitals geben kann!
Im Saarland wurden in den letzten zehn Jahren über 10000 Industriearbeitsplätze abgebaut. Es würde sich einfach nicht mehr rechnen, hört man oft. Diese Rationalität ist aber eine ausbeuterische: gemeint ist nämlich, dass es sich nicht mehr rechnet, hier zu den Bedingungen zu produzieren, die wir und die früheren Arbeiter:innen erkämpft haben. Stattdessen wird die Produktion in Länder verlagert, wo die Arbeiter:innenklasse noch einfacher unterdrückt werden kann. Lasst euch nicht einreden, dass sich die Bosse um eure Standorte scheren. Damit wollen sie Wut auf die ausländischen Belegschaften schüren und die Politik zu sogenannten Transformationsfonds drängen. Die Kolleginnen und Kollegen im Ausland sind nicht schuld an der Misere. Sie unterliegen genauso der Willkür des Kapitals. Sie sind eure und unsere Brüder und Schwestern im Geiste und wir müssen unsere Kämpfe gemeinsam und international führen. Die letzten Jahre zeigen: im Zweifel wird der Betrieb schneller geschlossen, als Lindner „Lust auf Überstunde“ sagen kann. Und wem kommen die Transformationsfonds zugute? Nicht die Lohnabhängigen können entscheiden, was mit den Milliardenbeträgen geschieht, sondern die Vorstände und Aktiengesellschaften.
Viele Betriebe sollen auf E-Mobilität umstellen. Individualverkehr, also E-Autos, können nicht die langfristige Lösung sein. Die Produktivkraft wird verschwendet für Autos, deren Rohstoffe aus dem schlimmsten neokolonialen Raubbau stammen und die sich kaum wer leisten kann. In unser aller Interesse liegt doch, dass es endlich einen umfangreichen und bestenfalls kostenlosen öffentlichen Nah- und Fernverkehr gibt. Das ist Klimaschutz pur und er gehört in Arbeiter:innenhände!
Klimaschutz und Industrie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Effektiver Klimaschutz geht nur mit einer Industrie, die umweltverträglich jene Dinge produziert, die dafür notwendig sind. Die Industrie hat nur eine Zukunft, wenn sie zum Erhalt von Klima und Natur beiträgt. Wenn wir sagen, dass die Betriebe eine Zukunft haben, meinen wir eine demokratische und solidarische Zukunft. Läuft es weiter nach den Regeln des Kapitalismus, wird es früher oder später keine lebenswerte Zukunft mehr geben. Wir meinen nicht nur den wichtigen Umweltschutz. Es geht vor allem darum, dass die Arbeitskraft nicht für irgendwelche Kapitalinteressen verschwendet wird. Sie muss planvoll so eingesetzt werden, dass die Sachen produziert werden, die die Gesellschaft wirklich braucht.
Lohnarbeit ist ein System der Ausbeutung und Unterdrückung. Und die gibt es immer noch, auch hier: Frauen verdienen im Durchschnitt immer noch weniger als Männer, weil sie oft in schlechter bezahlten Branchen arbeiten. Frauen sind auch häufiger prekär in befristeten Arbeitsverhältnissen oder in Teilzeit beschäftigt, da sie immer noch die Familienlast und Sorgearbeit tragen. Wir fordern: gleicher Lohn für gleiche Arbeit – und zwar in allen Branchen! Frauen müssen komplett gleichgestellt mit ihren männlichen Kollegen sein. Dabei reicht kein Umdenken allein oder ein von der Chefetage ausgerufener Equality day. Es braucht tatsächliche Verbesserungen: z. B. kostenlose Kindergarten- und Hortplätze für alle, am besten in jedem Betrieb. Erst wenn Frauen und Männer gleichberechtigte Werktätige sind, können die Betriebe eine solidarische Zukunft erreichen. Und das muss unser Ziel in allen Branchen sein!
Das betrifft umso mehr die migrantischen Kollegen und vor allem Kolleginnen. Wer keinen deutschen Pass hat, muss erniedrigende Leih- und Zwangsarbeitjobs annehmen. Die großen Gewerkschaften müssen endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und auch für diese Kolleg:innen einstehen. Für uns ist es nicht wichtig, wer welchen Pass hat. Damit die migrantischen Kolleg:innen eine Gleichberechtigung erreichen, müssen fortschrittliche Organisationen der migrantischen Community unterstützt werden. Wir sind: Gegen Zuwanderungsgesetze, gegen die Festung Europa und gegen das Verbot von ausländischen demokratischen und revolutionären Organisationen. Weg mit dem Verbot der PKK!
Wichtig ist, dass wir Schulter an Schulter stehen, denn wir alle gehören zur werktätigen Bevölkerung. Als diese müssen wir für unsere gemeinsamen Interessen eintreten. Wir wollen eine befreite Gesellschaft erreichen. Und die Freiheit, die wir meinen, heißt: Kommunismus. Denn die angebliche Demokratie, in der wir leben, macht doch Politik, die vor allem wenige Reiche begünstigt. Das, was die Politik seit jeher im Interesse der Arbeiterinnen und Arbeiter gemacht hat, wurde immer erkämpft. Lasst euch nicht einreden, dass sowas wie der 8 h Tag, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Streikrecht nette Ideen der bürgerlichen Parteien waren. Sie wurden vom Proletariat erkämpft, welches die bürgerliche Politik so sehr unter Druck setzte, dass sie einlenken musste. Steht man nicht immer wieder für diese Fortschritte ein, werden sie zurückgenommen. Ob FDP, CDU, Grüne oder SPD – am Ende waren und sind sie immer wieder Arbeiter:innenverräter.
Das ist keine Plattitüde: gerade in den letzten Monaten hört man doch immer wieder Sachen wie: man soll mehr arbeiten, Geflüchtete sollen zur Arbeit gezwungen werden, Arbeitslose sollen am besten gar kein Arbeitslosengeld mehr bekommen. Warum sind sie denn arbeitslos? Wer feuert denn tausende Leute und bekommt weiterhin Boni und Rendite? Warum werden Geflüchtete abgeschoben, anstatt ihnen eine vernünftige Lohnarbeit zu ermöglichen? Was da bei Lanz und im Bundestag gegeifert wird, ist ein verbaler Mittelfinger unserer Klasse gegenüber.
Das ist alles Teil der rechten Diskursverschiebung der letzten Jahre. Das ist eine Verrohung, die seit Jahrzehnten anhält. Sie soll bewirken, dass die Leute lieber nach unten treten, anstatt sich zusammenzuschließen und die tatsächlichen Problemursachen zu erkennen. Dieses Klima ließ und lässt auch die AfD erstarken. Sie nutzt die rechte Arbeitsideologie der anderen Parteien – die Arbeit um der Arbeit willen propagiert – und treibt sie weiter. Die AfD tut so, als würde sie das Interesse der Arbeiter:innenklasse im Sinn haben. Dabei sind sie die größten Arbeiter:innenverräter von allen: ihre faschistische Arbeitsideologie will eine komplett enthemmte Ausbeutung. Die Lüge von der Volks- und Betriebsgemeinschaft soll dabei verschleiern, dass sie für ihre Diktatur eine völlig entgrenzte Diktatur des Kapitals anstreben. Faschisten raus aus den Betrieben, Gewerkschaften, Parlamenten und staatlichen Institutionen!
Arbeiterinnen und Arbeiter! Ihr seht, nur wenn wir unsere Geschicke selbst in die Hand nehmen, ist eine lebenswerte Zukunft möglich. Ihr seid die, die die Produkte in den Betrieben herstellen, nicht die Bosse. Ihr solltet also auch die Kontrolle darüber haben, was mit den Betrieben geschieht! Das wäre wirklich demokratisch. Wir dürfen uns nicht spalten lassen, egal, welcher Pass, welches Geschlecht, welcher Job. Umgekehrt haben wir nichts gemeinsam mit den Ausbeutern: wir sind nicht Volk, sondern Klasse! Das heißt, wir brauchen zuerst umfangreiche Mitbestimmung in den Betrieben und können darauf aufbauend eine Umverteilung von oben nach unten erkämpfen, wir brauchen Enteignung und Vergesellschaftung. Letzlich brauchen wir Revolution und Sozialismus um uns gemeinsam eine kommunistische Produktionsweise erkämpfen zu können. Nur so können wir eine solidarische, klimafreundliche und zukunftsträchtige Industrie erhalten.