Redebeitrag zum Internationalen Frauenkampftag2024

Liebe Zuhörer*innen,

Ich bin Maya, ich bin Feministin, Ich bin Antifaschistin und Ich bin Kommunistin. Und diesen 3 Grundsätzen hat sich auch meine Organisation verschrieben. Ich bin bei ConnAct organisiert und wir als Gruppe sind Teil des Bündnis zum internationalen Frauenkampftag. Jedes Jahr organisieren wir hier in Saarbrücken so wie andere Gruppen es weltweit machen eine Demonstration um uns gegen die bestehenden Verhältnisse aufzulehnen und für die kollektive Befreiung aller Frauen zu kämpfen. Dabei gibt es ein Thema das feministische Kämpfe weltweit vereint: der Kampf gegen Gewalt an Frauen. Zwei Extremformen dieser Gewalt möchten wir heute in unserer Rede thematisieren: Femizide und Prostitution.

Allein in diesem Jahr gab es im Saarland schon 2 Femizide. Im Januar wird in Beckingen eine Frau nach der Trennung von ihrem Ex-Partner ermordet. Im Februar wird in Neuforweiler eine Frau von ihrem Ehemann erstochen. Die Presse und die saarländische Polizei verharmlosen diese Fälle! In der Pressemitteilung der saarländischen Polizei heißt es dann „[zwei Tote] Nach Beziehungsdrama in Beckingen“. 

Damit verleugnet die Polizei ganz klar die Realität! 

Denn Femizide sind keine isolierten Ereignisse, sondern Gewalttaten die aus einem gesellschaftlichen Nährboden erwachsen: Unterdrückung der Frau und ein misogynes Frauenbild. So auch in diesen Fällen: Die Frauen wurden ermordet, weil sie sich männlicher Kontrolle entzogen und ihre Ex-Männer morden, weil sie die Autonomie von Frauen ablehnen.  In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau Opfer eines Femizids.

114 Femizide waren es im Jahr 2023. Doch stimmen diese Zahlen? 

114 Frauen wurden 2023 ermordet von ihrem Partner, Expartner, engen Familienangehörigen oder in einer sogenannten „intimen“ Beziehung von ihren Freiern. 

Uns muss bewusst sein, dass diese Reduzierung von Femiziden auf Tötungen innerhalb von Beziehungen schlichtweg falsch ist. Femizide sind die extreme Zuspitzung patriarchaler Gewalt . Sie verkörpern die Verneinung, dass Frauen Personen mit Recht auf ein eigenes Leben sind.

In der patriarchal organisierten Welt werden Frauen als das Andere zum Mann betrachtet, das nur in Zugehörigkeit zum ihm bestehen könne. „Maßen“ sich Frauen dabei zu viel Autonomie an, stehen sie für ihr eigenes Leben ein und wollen sich aus den männlichen Fesseln befreien, droht ihnen Sanktionierung, in extremer Form droht ihnen dabei der Tod. Das Verwandschaftsverhältnis von Opfer und Täter muss dabei keine Rolle spielen. 

Dass der deutsche Staat in seiner Rechtssprechung den Begriff Femizid nicht anerkennt ist der Beginn seiner Mitschuld. Das Ende der Mitschuld ist, wo dieser selbst zum Täter wird. Der Staat als Täter spielt in der deutschen Debatte keine Rolle. Der Staat als monopolisierte Gewalt, der über der Gesellschaft steht. Die Gewaltapparate von Polizei und Militär als sich hochpeitschende Parallelgesellschaften gegen die Gesellschaft. Wer als Frau schon mal im Polizeikessel stand oder in die Gefangenensammelstelle kam, weiß dass der Hass auf Widerstand Frauen besonders trifft. Ob in Form von patriarchalem Dominanzgebaren oder sexualisierter Gewalt. Zu was dieser Männerbund im Zweifel fähig sein wird sehen wir beispielsweise in der Türkei oder Kolumbien, in Chile oder in Mexiko. Die Tötung von wiederständigen Frauen als Waffe um die Unterdrückung aufrechtzuerhalten. Die Grundlagen hierfür sind auch in Deutschland gelegt… 

In den zivilisierten Ländern dieser Welt gibt es nach Femiziden einen Aufschrei und feministische Revolten. Beispielsweise entzündete sich die Ni una menos Bewegung 2015 in Argentinien am Mord an der 14-jährigen Chiara Páez, die sich weigerte, eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Die Folge waren riesige Proteste und Frauenstreiks. In Indien löste die brutale Vergewaltigung und Ermordung der 23-jährigen Jyoti Singh Pandey im Jahr 2012 in New Delhi massive Revolten aus. Auch im Iran führte die Ermordung der 22-jährigen Jinah Mahsa Amini zu landesweiten Aufständen gegen das Regime. Was ist hier im Saarland passiert als Mitten unter uns eine von uns ermordet wurde und Staat und Medien relativierten? Wir müssen wieder lernen wütend zu sein und uns gegen die Täter erheben! Organisiert die feministische Aktion! 

Femizide gehen mit einem männlichen Besitzanspruch einher. In Offenbach steht ein Freier und Mörder aktuell vor Gericht. Als er Besitzansprüche für die 27-Jährige Prostituierte äußert und sie diesen nicht nachkam bestellte er die Frau zu sich nach Hause, ermorderte sie brutal und mauerte sie schließlich in seiner Wand ein, damit sie kein Anderer haben kann.

Dass Männer in dieser Gesellschaft denken Frauen besitzen zu können kommt nicht von ungefähr.Die Legalisierung und Normalisierung von Prostitution in Deutschland befeuern ein patriarchales Bild: Männer hätten ein Anrecht auf Sex und somit auf den weiblichen Körper. Der weibliche Körper wird zur Ware und damit käuflich. Seit 2002 wurden in Deutschland weit über 100 Frauen in der Prostitution ermordet. 83% der Frauen in der Prostitution berichten von mindestens einem traumatischen Ereignis im Zusammenhang mit der Prostitution. Über die Hälfte wurde mindestens einmal mit einer Waffe bedroht, und 61% wurden körperlich angegriffen und vergewaltigt, 35% wurden gegen ihren Willen eingesperrt oder gefesselt. 20% erlitten mittlere bis schwere Körperverletzungen, wie Brandwunden und ausgekugelte Gelenke.

Dieser grausamen Realität müssen wir als Feminist_innen und Kommunist_innen entgegentreten. Denn über 90% der Frauen in der Prostitution wollen einen Ausstieg!

Diesen Frauen sind wir es schuldig für die Abschaffung von Prostitution zu kämpfen!

Wir sollten die Umstände bekämpfen die Frauen dazu drängen in die Prostitution zu gehen!

Wir sollten für echte Austiegsmöglichkeiten kämpfen! Das heiß kämpfen gegen Erpressung, gegen angebliche Hilfsangebote, die Prostitution verharmlosen und für finanzielle Unabhägigkeit. 

Der gesellschaftliche Diskurs, der Prostitution als Sexwork und Empowerment verharmlost, schadet  den Betroffenen eines misogynen Systems. Der Vorwurf Sexarbeiterinnen auszuschließen wird uns häufig entgegen gebracht weil wir dem legalen Sexkauf den Kampf ansagen. Befürworter*innen der legalen Prostitution verklären dabei die Tatsachen, denn tatsächlich sind sie es, die die Mehrheit der Frauen in der Prostitution ignorieren. Dem halten wir entgegen, dass sie es sind,die für die Illusion einer selbstbestimmten Minderheit die Mehrzahl der Frauen in der Prostitution verraten. In ihrer Argumention vergessen sie das Sexkauf fast ausschlieslich von Männern getätigt wird. Prostitution ist nicht zu trennen von einer patriarchalen Gesellschaft. Prostitution ist eine spezifische Form von sexueller Gewalt!

Damit wird der Gesellschaft, die Prostitution duldet die Ideologie vermittelt, dass Frauen in ihrer Körperlichkeit jederzeit gekauft werden können. Es wird durch legalen Sexkauf vermittelt, dass Sexualität nicht ein konsensualer Akt der gemeinsamen Lust ist, sondern dass die Andere nur als Objekt der eigenen Triebe herhalten muss. Eine einzige Verneinung der weiblichen Sexualität! Eine einzige Verneinung der Frau als Subjekt!

Denn wer sind Freier eigentlich? Freier sind männlich. Freier sind der Meinung ein Anrecht auf Sex zu haben, egal, ob jemand mit ihnen Sex haben will. Freier üben Gewalt aus. Freier wissen nie, ob die Frau Opfer von Zwangsprostitution ist oder nicht und auch wenn ist es ihnen meistens egal. Freier gehen eine mutmaßliche Vergewaltigung ein und dieses Frauenbild tragen sie auch in die Gesellschaft. Wer sich schonmal Kommentare in Freierforen durchgelesen hat, weiß, wie rassistisch, transfeindlich und frauenfeindlich Freier sind!

Wie viele dieser Frauenfeinde unter uns sind ist erschreckend. Jeder dritte Mann in Deutschland hat sich schon mal Sex gekauft. Freier nutzen das Argument der vermeintlichen Freiwilligkeit aus, doch die Vorstellung, dass es Frauen gibt, die freiwillig in die Prostitution gehen, während andere dazu gezwungen werden, ist ein Trugschluss. In Wahrheit sind alle Frauen in der Prostitution Opfer von Ausbeutung und Gewalt.

Denn sexuelle Ausbeutung existiert bei jeglicher Art von sexueller Aktivität, bei der jeglicher Art von Austausch stattfindet, ob Geld, Unterkunft, Ort zum Baden oder Sicherheit auf der Straße.

Dieses System der sexuellen Ausbeutung kann nur aufrechterhalten werden, weil der patriarchale Staat daran beteiligt ist. Der legale Sexkauf in Deutschland ist die Grundlage für internationalen Menschenhandel und Deutschland somit ein Paradies für Menschenhändler. Deutschland schafft die Struktur, die durch de facto Straffreiheit für Zuhälter und Freier das Leid von Schätzungsweise 400.000 Frauen in Deutschland begünstigt. Der deutsche Staat hat kein Interesse daran, die Prostitution zu bekämpfen. Sie spült schätzungsweise 15 Milliarden Euro an Umsätzen in deutsche Taschen.

Denn in Deutschland werden insbesondere Frauen aus Osteuropa von Menschenhändlern in die Prostitution gezwungen und als Ware verkauft. Jedes Jahr werden in Deutschland, das sich mit seinem liberalen Umgang mit Prostitution zum „Bordell Europas“ entwickelt hat, hunderte Fälle von Zwangsprostitution offiziell verfolgt, die Dunkelziffern liegen in einem weitaus höheren Bereich. Es ist kein Zufall, dass die Frauen aus der verarmten Peripherie ins imperialistische Zentrum nach Deutschland kommen. Dort wo die Wirtschaft ausschließlich Absatzmarkt und Arbeitskräftebehältnis für deutsche Konzerne ist und jede eigenständige Entwicklung verhindert wird, werden diejenigen für den Kapitalismus überflüssigen Frauen produziert, die das deutsche Bedürfnis nach Altenpflege und „Flatrateficken“ befriedigen sollen. Diese werden unter falschen Versprechungen in die Prostitution gelockt. Ein freies, geeintes Europa bedeutet den freien Zugriff des deutschen Kapitals auf die Länder Europas und den Zugriff deutscher Freier auf ihre Frauen. 

Das heißt: Um die sexuelle Ausbeutung von Frauen zu bekämpfen, müssen wir die Strukturen hinterfragen, die sie ermöglichen! 

Der Kapitalismus und der patriarchale Staat sind unmittelbar an der Aufrechterhaltung dem System: Prostitution beteiligt! 

Solange es profitabel ist, werden Frauen weiterhin zur Ware degradiert und ausgebeutet! Das müssen wir bekämpfen!

Es braucht also sofort:

  • konsequente Ausstiegshilfen für Frauen in der Prostitution
  • Eine Grundsicherung, die zum Leben reicht damit Frauen nicht dazu gezwungen sind  sich sexuell ausbeuten zulassen
  • Bestrafung und gesellschaftliche Ächtung von Freiern
  • Bleiberecht für alle Frauen in der Prostitution!

    Doch weil Prostitution eine spezifische Form von patriarchaler Gewalt ist, in welcher eine Gesellschaft lernt die Subjektivität von Frauen zu verneinen. Doch weil das logische Ende dieser Verneinung der Frauenmord ist reichen ein paar Reformen nicht!

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen: Bei allen notwendigen und richtigen Kämpfen gegen Teilaspekte von Ausbeutung und Unterdrückung kommt es darauf an diese besonders brutalen Auswüchse als Teil eines gesamten Systems der Unterdrückung und Gewalt zu bekämpfen und nach Möglichkeit alles zu unterstützen, was der Vernichtung von Kapitalismus und Patriarchat dient, einer Gesellschaft in der Ausbeutung, Unterdrückung, Diskriminierung, Beleidigung und Erniedrigung auf der Tagesordnung sind. Nur so ist Befreiung langfristig möglich.

Nieder mit Kapitalismus und Patriarchat!

Für die Befreiung der Frau!