Redebeitrag: Solidarität mit Tbilisi Pride! Juli 2021

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

wir leben in einer Welt, in welcher wir Kundgebungen wie diese eigentlich jeden Tag abhalten müssten. Denn die aktuellen Ereignisse rund um den CSD in Tiflis sind nur eine Form, ein ganz augenscheinliches Auftreten von Queerfeindlichkeit und Heterosexismus.

Doch wenn wir uns das Bündnis anschauen, welches in Georgien gegen die Pride Parade vorgeht, dann ist das kein Bündnis, welches wir nur in Georgien sehen: Konservative, Faschist_innen und die Kirche marschieren gemeinsam, hetzen gemeinsam und wenden gemeinsam Gewalt an. Die Feinde der LGBTI-Bewegung berufen sich auf eine Heimat, eine patriarchale Gesellschafts- und Familienstruktur und den Willen eines Gottes, den es zu verteidigen gilt.

Dieses Bündnis mag global zwar nicht immer koordiniert agieren, und doch ist es überall. Was in Tiflis in den vergangenen Tagen geschehen ist, müssen wir aufs Schärfste verurteilen, müssen zumindest unsere Solidarität mit den Unterdrückten, Verfolgten und Opfern von Gewalt so deutlich machen wie es geht. Aber wir dürfen darüber hinaus nie die perversen Verhältnisse vergessen, in welchen queere Menschen in Europa, in Deutschland und im Saarland leben.

In der europäischen Union führt die polnische Regierung „homofreie“ Zonen ein, in Ungarn übernimmt Orban die Politik der staatlichen Verfolgung und offenen Diskriminierung von Putin und auch in den „liberalen“ westlichen Ländern sieht es kaum besser aus. Auch in Spanien lässt die Regierung nach dem homofeindlichen Mord an dem 24-jährigen Krankenpfleger Samuel in einem Nachtclub die Proteste, deren Losung lautet „Homophobie und Faschismus sind dasselbe!“ zum Teil niederprügeln. Und das obwohl sich die Regierung aus Sozialdemokraten und Linken verbal solidarisch zeigt. Das Beschränken auf leere Worte kennen wir genauso aus Deutschland. Man beteuert natürlich seine Solidarität. Man bleibt trotzdem der sechst wichtigste Handelspartner Georgiens. Wegen der Gewalt gegen die Protestierenden fließt nicht ein Tropen georgisches Erdöl weniger nach Deutschland, wird nicht ein Billigkleidungsstück weniger importiert. Und es wird nicht eine Person weniger nach Georgien abgeschoben. Wenn es um LGBTI-Menschen im Ausland geht, hatte Deutschland für diese nie mehr übrig als Lippenbekenntnisse.

Und damit sind wir auch bei jenen angekommen, welche zumindest im Stillen die Ereignisse in Georgien beklatschen: Auch in Deutschland existiert das Bündnis der Queerfeindlichkeit und des Heterosexismus aus Konservativen, Faschist_innen und den Kirchen. Und sie sind durchaus in der Mitte der deutschen Gesellschaft fest verankert, wenn man sich die Zahlen von queerfeindlichen Einstellungen in der Bevölkerung ansieht. Wenn 40% der Deutschen angeben, angewidert zu sein, wenn Männer sich in der Öffentlichkeit küssen, dann ist das der potentielle Beginn von Verfolgung.

Die Stichwortgeber sitzen ebenso wie die aktive Bewegung auch ganz konkret hier in Saarbrücken. Zwei Beispiele: Die CDU-Kandidatin für den Wahlkreis Saarbrücken und ehemalige und zweimal gewählte Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, ist seit Jahrzehnten bekannt für ihre Ablehnung der Homo-Ehe und ihre Karnevalswitze über trans- und intergeschlechtliche Menschen. Für sie steht Homosexualität gleich neben Inzucht und Polygamie. Ausgezeichnet wurde sie dafür völlig zurecht zur „Miss Homophobia 2018“. Sie steht stellvertretend für die Politiker_innen, welche die aktive Bewegung flankieren, ihr Stichworte liefern und sie argumentatorisch zumindest indirekt in Schutz nehmen. Da können wir auch gerne unseren Oberbürgermeister Uwe Conradt mit hinein nehmen, der während in der Saarbrücker Partnerstadt die Pride zusammengeprügelt wird, damit beschäftigt ist, klerikale Kitschstatuen vor Saarbrücker Kirchen einzuweihen. Die Marketing-Aktionen der Stadt werden von ihm auf allen Kanälen zelebriert, zeitgleich gibt es zu Tiflis nur ein kleines, verstecktes Statement auf der Seite der Stadt. Und Konsequenzen sind sowieso keine angedacht.

Die aktive Bewegung in Saarbrücken hält sich gerne in der Nähe von Kreuzen auf: Saarbrücken ist einer der deutschen Hotspots der klerikalfaschistischen katholischen Piusbrüder, welche ihren orthodoxen Glaubensgenossen in Georgien in Sachen Hass auf queere Menschen in nichts nachstehen. Für sie sind Homosexuelle „Gestörte“, welche sie mit den Nazis und Hitler gleichsetzen. Dass die katholische Kirche auch in ihrer Gesamtheit und nicht nur in ihren radikalen Ausprägungen global an der Speerspitze der Bewegung des Hasses gegen alles nicht-heteronormative steht, muss gerade hier im Saarland, wo selbst liberal eingestellte Menschen oft meinen, die Kirche tue ja auch soviel Gutes, nochmal betont werden.

Auch in diesem Herbst werden die Piusbrüder wieder bei ihrem sogenannten „Marsch für das Leben“ ihre menschenfeindlichen Parolen auf die Saarbrücker Straßen tragen. Wir sind es, die abermals gefordert sind, sie zu stoppen!

Wir müssen gemeinsam den Widerstand gegen das Bündnis des Hasses organisieren und auf die Straßen tragen!

Solidarität mit allen Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Sexualität verfolgt werden, egal ob in Saarbrücken oder international!
Solidarität mit Tblisi Pride!