Zum 1. Mai 2021:

Der internationale Arbeiter_innenkampftag wird seit 131 Jahren global begangen. Der 1. Mai begann ab 1890 als Kampftag für den 8-Stunden-Tag und entwickelte sich zum festen Datum, an dem die arbeitende Klasse ihre okönomischen und politischen Forderungen auf die Straßen der Welt trug. Von Beginn an war auch die Verteidigung der Gesundheit der Arbeiter_innen ein wichtiger Teil dieses Kampfes!

„Und wer von uns verhungert ist,
der fiel in einer Schlacht.
Und wer von uns gestorben ist,
der wurde umgebracht.
Den sie holten mit ihren Soldaten,
dem hat Hungern nicht behagt.
Dem sie den Kiefer eintraten,
der hatte nach Brot gefragt.
Dem sie das Brot versprochen,
auf den machen sie jetzt Jagd.
Und den sie im Zinksarg bringen, der hat die Wahrheit gesagt.
Und wer ihnen da geglaubt hat,
daß sie seine Freunde sind,
der hat eben dann erwartet,
daß der Regen nach oben rinnt.“

(Bertold Brecht – Das Lied vom Klassenfeind)

Die Gesundheit der arbeitenden Klasse verteidigen!

In der Corona-Pandemie ist diese Losung besonders dringend. Während inzwischen bundesweit der Staat zu drastischen Maßnahmen zur Einschränkung des Privatlebens greift und bundesweit eine Ausgangssperre gesetzlich verankert und umsetzt, müssen die allermeisten weiter täglich zur Arbeit. Vor allem die Arbeiter_innen in der Industrie setzen sich dabei einem großen Infektionsrisiko aus. Zuletzt legte eine Studie des Universitätsklinikums Düsseldorf einen Zusammenhang zwischen Produktionsstandort und dem Grad der Durchseuchung nahe: (210414_Report_Inzidenzverlaeufe_nach_regionalen_Indikatoren_zu_Wirtschaft_und_Beruf.pdf (uniklinik-duesseldorf.de))  Autoritär zwingt der Klassenstaat BRD seine Arbeiter_innen dazu, sich täglich zwischen  Erhalt des Arbeitsplatzes und dem Infektionsschutz zu entscheiden. Im bürgerlichen Vokabular wird dieser Zwang als Freiheit verkauft, die Freiheit des Unternehmers. Im Betrieb sind die Kolleg_innen dem Diktat und der Willkür der Chefs ausgesetzt. Erst nach einem Jahr, und vor allem erst nach gestiegenem öffentlichem Interesse am Thema „Infektionen am Arbeitsplatz“ wurden wöchentliche Testangebote zur Pflicht – mit Schnellstests, deren Aussagekraft höchstens 24 Stunden anhält. Selbst gegen diese – unzureichende – Maßnahme läuft das Kapital Sturm. Ehrlicher als es die bürgerliche Ideologie erlaubt, gibt man dabei auch den Grund des Widerstandes an: Das Testen koste zu viel Zeit. Jede verlorene Minute senkt die Ausbeutungsrate!  Deshalb gilt, damals wie heute: Der Kampf um die Arbeitszeit ist zentraler Bestandteil des Klassenkampfs und auch konkret Teil des grundsätzlichen Interesses an persönlicher Gesundheit aller arbeitenden Menschen!

Auch lohnabhängige Frauen sind im Besonderen von der Pandemie und dem staatlichen Seuchenmanagement betroffen. Während in den  sogenannten „systemrelevanten“ Berufen mehrheitlich Frauen prekär beschäftigt sind und sich tagtäglich in der Pflege, der Kita oder an der Supermarktkasse dem Infektionsrisiko aussetzen, dazu teils deutlich höhere Arbeitsbelastung ertragen müssen, wird auch die vormals gesellschaftlich organisierte Arbeit der Kinderbetreuung und der Bildung (durch immer wieder geschlossenen Schulen und Kitas in Notbetreuung) zurück in die patriarchal strukturierte Sphäre des Privaten gedrängt: Die Belastung der arbeitenden Frauen wird weiter verschärft.

Auch die migrantischen und saisonal beschäftigten Teile der Arbeiter_innenklasse in Deutschland sind von besonderen Ausbeutungsverhältnissen betroffen. Zu katastrophalen Wohn- und Arbeitsbedingungen in der Agrarbranche wird auch der Mindestlohn einfach ausgehebelt, indem die Unterbringungs- und Verpflegungskosten abgezogen werden. Die Bundesregierung nutzte die Pandemie zur weiteren Entrechtung der migrantischen Saison-Arbeiter_innen: Diese dürfen nun über 100 Tage ohne Sozialversicherung beschäftigt werden – und damit ohne die eigentlich zugesicherte Krankenversicherung. Gesundheitsschutz wird zur Privatsache der Ausgebeuteten gemacht. Behandlungskosten, bspw. im Falle einer Covid-Erkrankung, müssen sie selbst tragen.

Das  Pandemiemanagement des deutschen Staates zielt, wie in den meisten kapitalistischen Staaten, auf eine kontrollierte Durchseuchung. Diese Strategie mussten bis jetzt über drei Millionen Menschen mit dem Leben bezahlen – die allermeisten kamen aus unserer Klasse. Noch weitaus mehr leiden unter Long-Covid, dessen langfristige Auswirkungen noch nicht abzusehen sind. Dem setzten im März 2020 in Italien die Arbeiter_innen einiger Betriebe spontane Streiks unter der Parole „Wir sind kein Schlachtvieh!“ entgegen.

Als Kommunist_innen müssen wir klarstellen: Die konsequente Bekämpfung der Pandemie ist im Interesse der gesamten lohnabhängigen Bevölkerung! Die Seuchenpolitik des deutschen Staates, die für die Profite des deutschen Kapitals über Leichen geht, ist es nicht!

Die Verarmungspolitik der Regierung bekämpfen!

Die sich seit 2019 entwickelnde, und durch die Pandemie verschärfte Wirtschaftskrise wird auf dem Rücken der Arbeiter_innenklasse und der Masse der Bevölkerung ausgetragen. Schon zu Beginn der Pandemie wurden umfangreiche Umverteilungsmaßnahmen seitens des Staates in Gang gesetzt. Während über eine Millionen Menschen allein in Deutschland arbeitslos wurden und weitere Millionen mit Kurzarbeitergeld leben müssen, verteilt das Finanzministerium Milliardengeschenke an das deutsche Kapital. Die Autoindustrie nutzt das Kurzarbeitergeld nicht etwa zum Infektionsschutz, sondern zur Sanierung der Unternehmensbilanzen bei Absatzkrisen und Lieferengpässen. Das deutsche Großkapital zahlt aus den Staatshilfen an ihre Managermillionäre weiter Dividenden aus, während es tausende Beschäftigte gleichzeitig auf die Straße setzt. Die Superreichen konnten ihre Vermögen während der Pandemie um viele Milliarden aufstocken. Währenddessen wird das Kurzarbeitergeld aus den Sozial- und Arbeitslosenkassen des Staates gezahlt. Auch rufen die Vertreter_innen der herrschenden Klasse schon jetzt nach höheren Massensteuern, weiterer Zerschlagung des Sozialstaates, Rentenkürzungen, und danach „alle Staatsleistungen auf den Prüfstand zu stellen“. Höhere Steuern auf Unternehmensgewinne, Finanztransaktionen und Vermögen, oder eine Vermögensabgabe zur Deckung der Corona-Kosten, werden bisher rigoros abgelehnt. Dies zeigt uns: Dieser Staat ist ein Klassenstaat, der die Pandemie auch noch zur radikalen Umverteilung von Unten nach Oben nutzt und der mit seiner Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik während und nach der Pandemie Klassenkampf von Oben betreibt.

Deshalb muss der 1.Mai auch genutzt werden, um die politischen Forderungen der Arbeiter_innenklasse zu vertreten und den Klassenkampf, der von Kapital und Regierung mit seiner Umverteilungs- und Verarmungspolitik geführt wird, auch mit einer politischen Bewegung aufzunehmen.

Internationale Solidarität erkämpfen!

Der 1. Mai ist der Kampftag der internationalen Arbeiter_innenklasse. Deshalb müssen wir die Gesundheit unserer Klasse international verteidigen. Die konsequente Bekämpfung der Pandemie in Deutschland ist auch ein Teil internationaler Klassensolidarität. Dass die herrschende Klasse im imperialistischen Deutschland dieses Ziel nicht verfolgt, zeigt sich auch an der Politik des Festhaltens an Impfpatenten, die in neokolonialer Manier vollstreckt wird. Der schnelle und globale Aufbau von Produktionskapazitäten und dem schnellen Zugang zu Corona-Impfstoff für breite Teile der Weltbevölkerung wird mit zynischen Phrasen über Eigentum und Unternehmergeist verhindert. Nicht nur die Pharma-Monopole selbst, auch der deutsche Staat verhindert den Gesundheitsschutz. Wenn er wollte, könnte er die Entschädigungen für die Aussetzungen der Patente bezahlen. Doch Staat und Kapital des imperialistischen Deutschlands teilen sich mit anderen imperialistischen Ländern die Welt in Absatzmärkte für ihre Pharma-Monopole auf. In Indien und anderen Teilen der Welt sehen wir die katastrophalen Folgen dieser Politik. Der deutsche Imperialismus tötet! 

Doch nicht nur die Pandemie verlangt nach Internationalismus. Neben hoffnungsvollen Aufständen und Kämpfen gegen Rassimus und Polizeigewalt, gegen patriarchale Abtreibungsgesetze, gegen die reaktionäre Pinochet-Verfassung in Chile oder gegen die islamistische Verelendungspolitik im Libanon sehen sich die fortschrittlichen Kräfte der Welt immer mehr den terroristischen Methoden der Reaktion ausgesetzt. Das Duterte-Regime auf den Philippinen ruft zur tödlichen Jagd nach Kommunist_innen auf, Gewerkschafter_innen werden hingerichtet. Auch in Myanmar begeht die Militärdiktatur Massaker gegen die Protestbewegung. Die Türkei verschärft ihre Repressionen gegen fortschrittliche, feministische und kommunistische Kräfte und führt weiter Krieg gegen die kurdische Befreiungsbewegung. 

„Solidarität ist Zukunft“

Der DGB mobilisiert in diesem Jahr unter dem Motto: „Solidarität ist Zukunft“ zum 1. Mai. Es ist schon jetzt klar, dass diese Losung falsch ist. Solidarität kann nicht abstrakt behauptet werden, sondern nur konkret gegen Kapital und Staat erkämpft werden. Gerade das zeigt uns diese Pandemie und Krise. Das verlangt jedoch den Bruch mit Sozialpartnerschaft und staatstragender Politik. Dies verlangt, nicht dem Faktor Arbeit des deutschen Standorts in der Weltmarktkonkurrenz zu dienen, sondern den Interessen der internationalen Arbeiter_innenklasse. 

Am 1.Mai gilt es also, ob auf der Straße, in den Gewerkschaften, in der Familie, unter Freunden, im Internet oder auf der Arbeit den Klassenhass auf den Kapitalismus, auf die Pandemiepolitik des Staates, auf die weltweite Reaktion zu schüren und zu organisieren, als Beitrag der Solidarität der Ausgebeuteten und Unterdrückten.