Die Entscheidung des Ford-Konzerns vom 22.06.2022, die nächste Generation an Elektro-Autos künftig in Valencia (Almussafes) und nicht in Saarlouis bauen zu lassen, kommt zwar nicht überraschend, trifft die dort (noch) Beschäftigten und ihre Angehörigen dennoch wie ein Schlag ins Gesicht. Ihre Zukunft ist völlig offen, sie sehen sich spätestens ab 2025, wenn die Produktion des Focus am Standort ausläuft, einer existenzbedrohenden Situation gegenüber gestellt. Gleiches gilt für die rund 1.500 Beschäftigten im angrenzenden Ford Industrial Supplier Park. Schon nach den Werksferien diesen Sommers will Ford in Saarlouis die Produktion absenken – 800 der noch 4.600 verbliebenen Arbeitsplätze könnten davon betroffen sein.[1] Vor ein paar Jahren waren im Saarlouiser Werk noch über 6.500 Personen beschäftigt, 2019 handelte der saarländische Betriebsrat mit dem Management den Wegfall der Nachtschicht und damit dem Abbau von 1.600 Arbeitsplätzen aus.[2] In den letzten beiden Jahren wurden 600 weitere Jobs abgebaut.[3][4]
Die Entwicklung bei Ford steht aber nicht für sich alleine. Weltweit befindet sich die Kfz-Industrie im Prozess der Umstellung ihrer Produktion auf Elektromobilität. Diese Umstellungsprozesse werden von vielen Automobilkapitalen als willkommener Anlass wahrgenommen, enorme Summen an staatlichen Subventionen[5] zu kassieren und zeitgleich schon lange geplante Werksschließungen sowie Einsparungsmaßnahmen – sprich Lohnsenkungen, Flexibilisierung und Stellenabbaupläne – ohne größeren Widerstand durchsetzen zu können. Besonders betroffen davon sind die Beschäftigten in den Zulieferbetrieben, vor allem in der Produktion von Verbrennermotoren bzw. Teilen. Im Saarland plant bspw. der Zulieferer ZF, der in Saarbrücken 9.000 Personen beschäftigt, seine Produktion auf E-Antriebe umzustellen.[6] Seit 2015 wurden im Saarland inzwischen knapp 10.000 Industrie-Arbeitsplätze abgebaut[7] – trotz der seit Jahren in sozialpartnerschaftlicher Gemeinschaft vorgetragenen Sonntagsgebete von Gewerkschaften, Politik und andere Standortpatriot_innen.
Mal verlierste…
Auch angesichts der für die Beschäftigten katastrophalen Entscheidungen bei Ford in Saarlouis scheint in der öffentlichen Debatte ein grundlegendes Verständnis der dahinterstehenden Logiken zu fehlen: Es handelt sich nicht bloß um eine Ausnahme oder einen Betriebsunfall, den weitsichtigere Politik hätte vermeiden können; es geht nicht darum, lediglich einzelne „böse“ von Gier getriebene Unternehmensbosse sind zu kritisieren; Sondern es gilt die dahinterliegenden Logik zu begreifen und zu hinterfragen: Die Logik einer Gesellschaftsordnung, in der nach dem größtmöglichen Profit von konkurrierendem Kapital produziert wird und nicht nach gesellschaftlichem Bedarf; Die Logik einer Gesellschaftsordnung, in der das Kapital die Nützlichkeit oder Überflüssigkeit von Menschen diktieren kann, in welcher Beschäftigte lediglich negative Variablen für die Kalkulationen des Unternehmens sind, eben nur Teil des variables Kapital, dass es zu kürzen gilt. In der Logik einer solchen Gesellschaftsordnung sind Entwicklungen wie bei Ford leider Normalität. Und wenn dies gerade nicht vor der eigenen Haustür in Saarlouis abläuft, dann jeden Tag irgendwo anders – z.B. in Valencia.
Auch die Beschäftigten im Ford-Werk in Valencia-Almussafes bekommen diesen Mechanismus zu spüren – die Entscheidung für den Standort geht mit Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerungen, mehr Flexibilität und vor allem wohl auch mit einem massiven Arbeitsplatzabbau einher – ausgehandelt zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung, abgesegnet durch die Gewerkschaft.[8] Der Weg zur Entscheidung von Ford für den einen oder den anderen Standort war von vornherein der Weg einer Niederlage für beide Belegschaften.
Die saarländischen Betriebsräte und Gewerkschaften handelten in den vergangenen Monaten nicht anders als ihre Pendants in Valencia und hofften vor allem auf die Opferbereitschaft der Beschäftigten – laut Markus Thal, Betriebsratsvorsitzender in Saarlouis, seien Zugeständnisse der Belegschaft z.B. bei Lohnkosten notwendig und in der Vergangenheit schließlich auch immer mitgetragen worden.[9] Auf diese Weise wurden und werden die Beschäftigten einzelner Werke und Länder gegeneinander ausgespielt.
…mal gewinnste nicht.
Während die Betriebsräte in Saarlouis und Valencia immer weitergehende Zugeständnisse anbieten und zum Co-Management verkommen, warten die Konzernchefs in aller Ruhe ab. Ohnehin vertreten die Betriebsräte im Konzern überwiegend den Standpunkt der Wettbewerbsfähigkeit und der Profitrate, und weniger die Interessen der Beschäftigten. Thal bspw. sitzt als Betriebsratsvorsitzender auch im Ford-Aufsichtsrat [10] und kassiert neben seinem Betriebsratsgehalt auch Aufsichtsratstantiemen, Sitzungsgeld und Spesen. Betriebsräte sind allzu oft Partner der Konzern-Vorstände.
Entsprechend scheinheilig erscheint die von Thal vorgetragene Überraschung und Wut angesichts der negativen Standortentscheidung auf Betriebsversammlung und Kundgebung am 22.06.2022: „Wir wurden belogen, betrogen und verarscht“, behauptete Thal. Die Betriebsräte sprachen von „Scheinverfahren“ und „abgekarteten Spiel”.[11] Dabei waren sie und auch die IG Metall selbst Teil diese „Spiels“, dessen Regeln sie mitschreiben. Seit Monaten kämpften sie über Angebote an Lohnverzicht, Arbeitsplatzabbau und Subvention zwar gegen die Schließung des Standorts Saarlouis aber eben auch für die Schließung des Standorts Almussafes – trotz aller Sonntagsreden. Profitierte der Standort Saarlouis vor 10 Jahren noch von der Entscheidung gegen das Ford-Werk im belgischen Genk mit dort damals 4.300 Beschäftigten [12], trifft es nun eben Saarlouis selbst. Von (internationaler) Solidarität damals wie heute keine Spur. Ein tatsächlich gemeinsamer Kampf (geschweige denn ein europaweiter) der Arbeiter_innenvertretungen der Standorte Saarlouis und Almussafes gegen das Ford-Management, wurde nie ernsthaft angegangen. Eigentlich sollten sich die beiden Betriebsräte kennen – sowohl Markus Thal als auch José Luís Parra (Betriebsrat in Almussafes) sind Mitglied im europäischen Betriebsrat von Ford. Thal ist Mitglied der IG Metall, Parra der sozialdemokratischen Mehrheitsgewerkschaft UGT – beide Gewerkschaften sind Mitglied im Europäischen Gewerkschaftsbund.[13] Die Prozesse und Ergebnisse um die beiden Standorte sind also auch eindeutiges Versagen (nicht-) gelebter europäischer Gewerkschaftszusammenarbeit sowie Ausdruck und Folge der sozialdemokratischen Hegemonie ihrer Organisationen. Die in der Konkurrenz zwischen den Belegschaften nicht verlorenen Arbeitsplätze sind immer nur ein scheibarer Gewinn für den Standort – unter dem Diktat des Kapitals immer nur einer Vernichtung von Existenzen auf Zeit.
Die Sehnsucht nach dem „besseren“ Kapitalismus
Daneben versuchte der Betriebsrat in Saarlouis über eine enge Zusammenarbeit mit der Regierung, den milliardenschweren Konzern mit Fördergeldern und Steuervergünstigungen zu locken.[14] Die Landesregierung hatte gemeinsam mit dem Bund ein Subventionspaket geschnürt, das nach Angaben von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) näher an der Milliarde sei als an 500 Millionen Euro. Gelder, die vor allem für Investitionen etwa im Baubereich vorgesehen sind[15] und die dringend für die im Rahmen einer sozial-ökologische Transformation wichtigen Investitionen in Konversion, Infrastruktur und Klimawende notwendig wären – hier wären im Saarland im kommenden Jahrzehnt Ausgaben von etwa 7,35 Milliarden Euro zusätzlicher Investitionen erforderlich.[16] Im Übrigen belief sich der Konzernumsatz von Ford im letzten Jahr auf über 136 Milliarden Dollar.[17] Ganz grundsätzlich jedoch sind staatliche Subventionen zum Zweck Kapital an den Standort zu binden, immer vor allem eine Umverteilung von Unten nach Oben. Die Steuergelder, welche der Staat der arbeitenden Klasse aus ihrem Lohn entreißt werden zwar meistens auch dem Kapital abverlangt. Dieses entreißt das dafür nötige Geld jedoch schon vorher dem aus der Arbeitsleistung der Beschäftigten abgeschöpften Mehrwert. Die Steuern nutzt der Staat hier dann nicht nur um die allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu gewährleisten, sondern auch um sie zu großen Teilen den Aktionär_innen der Konzerne direkt in den Rachen zu werfen. Auch hierin bestätigt sich der Klassencharakter dieses Staates. Für die Arbeiter_innenklasse ist das alles eine denkbar schlechte Rechnung, welche einen Staatsidealismus nun wirklich nicht begründet.
Ganz folgerichtig verzetteln sich die Vertreter_innen dieses Staates auch in notwendigen Widersprüchen, wenn sie zum Einen Staat und Kapital nicht grundsätlich überwinden wollen, gleichwohl sich aber vorgeblich auf den Standpunkt der Beschäftigten stellen: Angesichts des Angebots von weit über 500 Millionen Euro aus Haushaltgeldern der Landesregierung an den Ford-Konzern lesen sich die Äußerungen des SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Ulrich Commerçon absurd bis naiv (von dem mitschwingendem Antiamerikanismus, welcher die Problematik externalisiert, ganz zu schweigen): Die „zwei Standorte gegeneinander auszuspielen auf dem Rücken der Beschäftigten“ sei ein Unding, erklärte er. Es sei die „übelste Seite des Kapitalismus“, die Manager würden Steuermittel aus EU-Geldern nutzen, um den Wettbewerb zu befeuern. „Sie haben nur Dollarzeichen in den Augen und wollen möglichst viel Steuergeld abgreifen“, ein „schäbiges Verhalten, ein schäbiger Wettbewerb“.[18]
Auch Markus Thal nahm in der Vergangenheit ähnliche Worte in den Mund: Der Wettbewerb zwischen den zwei Standorten sei „Kapitalismus in seiner brutalsten Form“.[19] Ob „brutalste Form“ oder „übelste Seite“ – beide Akteure, sowohl Betriebsrat als auch Politik machten sich im Unterbietungswettbewerb zum Erfüllungsgehilfen und ausführenden Organ dieses Kapitalismus, der eben gar nicht anders als „brutal“ und „übel“ – was wiederum in erster Linie die Arbeiter_innen trifft – funktionieren kann. Sie treten als Ordnungsmacht gegenüber Streikenden und für Wiederherstellung des sozialen Friedens ganz im Sinne des Kapitals ein.
Sie handeln nach dem Motto „Lieber schlechte Arbeit als keine Arbeit“ – vielleicht auch mehr unbewusst als bewusst, da sie das Gegebene als in Stein gemeißelt sehen, sie die kapitalistischen „Spielregeln“ nicht nur nicht in Frage stellen sondern sogar aufrechterhalten. Auch eine weitere Fraktion von staatsidealistischen „Arbeitervertreter“, die saarländische Linkspartei lässt mal wieder jegliche fundierte Systemkritik vermissen – statt das die systemsichen Zwänge der vorherrschenden Wirtschaftsweise analysiert sowie kritisiert und die Entscheidungen des Ford-Management ensprechend eingeordnet werden, wird personalisiert die Gier nach Profit betont und insbesondere eine fehlerhafte Politik für die Ergebnisse verantwortlich gemacht, wenn die Entscheidungn gegen den Standort Saarlouis vor allem auf das „Versagen der Landesregierung“ zurückzuführen sei. [20] Als ob mit einer „richtigen“ Wirtschaftspolitik der saarländischen Landesregierungen ungeheure Gestatugnsspielräume einhergehen würden, welche „Wohlstand für alle“ ermöglichen. Als wäre der Staat nicht dem Monopolkapital unterworfen und hätte diese Unterwerfung nicht noch selbst gestaltet und ins Recht gesetzt. Wenn alle Hoffnungen und Träume auf ein besseres Leben auf die Ebene der Politik delegiert werden, nur um dort ebenso regelmäßig zu platzen, dann vor allem deshalb, weil dort, wo sich die wirklichen Fragen stellen – auf dem Feld der Produktionsverhältnisse –, nicht nur ein Eigentumsrecht herrscht, sondern auch die Ratlosigkeit, wie das Ganze anders gestaltet werden könnte.
Die systemischen Widersprüche verschärfen sich indes mit dem wachsenden Grad des globalisierten Kapitals immer weiter, was auch Folge des Scheiterns und Aufgebens von Klassenpolitik – um von revolutionärer Klassenpolitik gar nicht erst zu reden – seitens der Gewerkschaften ist: Die politische Perspektive der Befreiung von Lohnarbeit ist gänzlich in den Hintergrund gerückt, stattdessen möchte man gerne materielle Teilhabe am fortschreitenden Produktionswachstum erkämpfen bzw. von einer Werksschließung verschont bleiben. Gewerkschaften (und Betriebsräte) entwickelten sich so zu Interessensvertretungsorganisationen innerhalb der Lohnarbeit (statt Emanzipation von der Lohnarbeit). Dieses miserable Kräfteverhältnis, mit dem wir im Klassenkampf konfrontiert sind, kann nur durch organisierten ökonomischen und politischen Kampf der Arbeiter_innenklasse gedreht werden, auf keinen Fall jedoch durch vermeintliche Abkürzungen, welche diesen Kampf ersetzen wollen durch verzerrte Wunschbilder eines „besseren Kapitalismus“ oder eines „besseren bürgerlichen Staates“, welche den grunsätzlichen Charakter beider jedoch auch noch verschleiern.
„Sozialabbau für alle!“
Auf der Pressekonferenz vom 22.06. der IG Metall und des Betriebsrates kündigte Thal nun an, über Sozialpläne und -tarife verhandeln zu wollen. Notfalls auch mit dem Mittel des Streiks (hört, hört!). Es geht ihm nun also um Sozialpläne statt Erhalt des Werks. Dabei ist auch der bei den Betriebsleitungen beliebte, sogenannte “Sozialplan” ganz klar abzulehnen: Dieses Instrument lässt schließlich die Maßnahmen des Kapitals noch als „sozial verträglich“ erscheinen, obwohl ihr Inhalt die Gefährdung tausender Existenzen ist. Nur die direkten Kündigungen, welche am meisten Protest auslösen, auszusetzen darf nicht die Lösung sein! Denn daran anknüpfende Maßnahmen, wie die ausgesetzte Verlängerung von Zeitarbeitsverträgen, stellen ebenso eine Kündigung dar- nur zeitlich Ungleichheiten und somit weniger in kollektiver Form spür- und beantwortbar. Auch hat der Sozialplan für die Betriebsleitungen den Vorteil, dass er ältere und über die Jahre von der Arbeit krank gewordene Mitarbeiter_innen, die in ihren Augen nicht mehr produktiv genug sind, mit voller Härte aussortieren kann. Dadurch gehen diesen Mitarbeitenden oft zusätzlich Rentenansprüche verloren. Die massive Reduzierung der Belegschaft wird weiterhin dazu genutzt werden, um die verbleibende Belegschaft weiterem Druck und einer Mehrausbeutung auszusetzen. Dies stellt eine Zerschlagung des Industrieproletariats auf Raten dar! Im Saarland wird die Schrumpfung der Kfz-(Zuliefer-)Industrie momentan auf disruptive Art und Weise ersichtlich. Kleinere und größere Zulieferbetriebe werden in den Ruin getrieben und tausende Arbeitsplätze vernichtet. Im Rahmen einer dem Diktat und der Form des Kapitals entrissenen Konversion der Industriebetriebe hin zu einem am gesellschaftlich und ökologisch Sinnvollen und Notwendigen geplanten Umbau der Produktion. Wenn bspw. die Produktionsanlagen bei Ford und der Ex-Zulieferbetriebe als vergesellschaftete Produktionsunternehmen künftig dazu genutzt werden, Teile für die Energiewende zu produzieren, könnten zunächst Arbeitsplätze erhalten werden. Solche Strukturwandelpotenziale lassen sich jedoch nur über kollektives Handeln sowie den Einbezug der vorhandenden Technologie- und Produktionskompetenzen der saarländischen Industriearbeiter_innen erschließen.
Die Betriebe müssen aus den Händen des Kapitals gerissen und in gesellschaftliches Eigentum überführt werden! Die Produktion muss nach den gesellschaftlichen Bedürfnissen geplant sein. Hier lässt sich auch an gewerkschaftliche Forderungen nach Eingriffen in die kapitalistische Eigentumsordnung anknüpfen. So heißt es in der seit 01.01.2020 gültige Satzung der IG Metall, §2, Abs.4, Aufgaben und Ziele der IG Metall seien u. a. die „Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum.“[21]
Es muss Schluss sein mit der „sozial verträglichen“ Abwicklung und ihren Propagandist_innen! Es gibt keine gemeinsamen Interessen mit dem Kapital und seinen Vertreter_innen in der Politik! Die Gewerkschaftsbonzen haben jahrelang denen lächelnd die Hände geschüttelt, die jetzt die Existenz der Arbeiter_innen mit Füßen treten und sogar zugelassen, dass die saarländische Landesregierung gern gesehener Gast auf ihren Demonstrationen ist. Das was die Politiker_innen und Gewerkschaftsbonzen mit dem Kampf um den „Standort“ meinen, ist nicht der Kampf um eine sichere Existenz der Beschäftigten! Er hilft nur dem Kapital bei seinen Tricks.
„Daß du untergehst, wenn du dich nicht wehrst / Das wirst du doch einsehen“
(Bertolt Brecht, aus dem Gedicht „Und ich dachte immer“)
In dieser Situation ist es elementar, dass alle Betroffenen sich zusammenschließen, um gemeinsam ihre Interessen einfordern. Die Lohnabhängigen, egal ob bei Ford, ZF, Bosch oder in der Stahlindustrie müssen jetzt zusammenstehen von A wie Azubi bis Z wie Zeitarbeiter. Nur so ist es zu verhindern, von den Betriebsleitungen gegeneinander ausgespielt zu werden! Auch könnten sich die Beschäftigten in Saarlouis ein Beispiel an den Kolleg_innen in Indien nehmen. Das Ford-Werk am indischen Standort Chennai soll geschlossen werden – die Belegschaft dort streikt, blockiert und besetzt Werkstore.[22] Ein wirklicher Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze scheint nur Aussicht auf Erfolg zu haben, wenn er unabhängig von Betriebsrat, Gewerkschaft und Politik und zusammen mit Arbeiter_innen an allen anderen Ford-Standorten und anderen Konzernen und Branchen geführt wird. Doch auch die wildesten Streiks werden früher oder später wieder im Alltag versanden, wird die Abkehr von der Logik des kapitalistischen Profitsystems und die Zuwendung hin zur gemeinschaftlichen Aneignung der Produktion nicht zur Diskussion gestellt.
Wir wollen zur Solidarität mit allen Betroffenen aufrufen, denn eines ist klar: Die Arbeiter_innen, die jetzt entlassen werden sollen brauchen Unterstützung beim Kampf um ihre Existenz. Diesen Kampf müssen alle gemeinsam führen, als vereinte Arbeiter_innenklasse. Kämpfe für die Interessen der Arbeiter_innen waren früher erfolgreich und sie können auch wieder erfolgreich sein. Aber dafür müssen die Arbeiter_innen sich zu einer bewussten Kraft organisieren und dürfen sich nicht spalten lassen.
Als Klasse kämpfen – Sozialismus ist Zukunft!
Da Unternehmen unabhängig der Eigentumsform im gnadenlosen Verdrängungswettbewerb des Weltmarktes bestehen müssen und das Risiko besteht, dass an die Stelle konkurrierender Privatkapitale bspw. konkurrierende Staatskapitale oder konkurrierende Genossenschaftskapitale treten, muss es um mehr gehen als nur um die Enteignung derer, die Verfügungsmacht über Betriebe haben. Es braucht einen generellen Bruch mit dem Eigentum an Produktionsmitteln, mit der Trennung zwischen den Betrieben, mit dem Tausch von Waren und der Lohnarbeit – also einen Bruch mit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in Gänze. Ein revolutionärer Pol ist notwendig, der die Beseitigung des Kapitalverhältnis wieder in den Horizont des Möglichen setzt. Eine lebenswerte Zukunft für alle wird nicht zu verwirklichen sein, wenn die krisenhaften Entwicklungen der kapitalistischen Gesellschaft weiterhin die Erde in eine Hölle verwandeln.
Die Zukunft muss deshalb Sozialismus heißen.
In diesem Sinne:
Gegen die falsche und reaktionäre Betriebsgemeinschaft!
Das jahrelange Kuscheln der Gewerschaftsbonzen mit Betriebsleitung und Politik für den „Standort“ hat nichts gebracht!
Zusammenhalten und Gemeinsam kämpfen für ein gutes Leben in sozialer Sicherheit für alle!
[6] https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/zf_stellt_werk_saarbruecken_auf_elektromobilitaet_um_100.html; https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/zf_saarbruecken_betriebsversammlung_zukunft_100.html
[7] Arbeitskammer des Saarlandes (2022): Bericht an die Landesregierung, S.XX:
[8] https://www.wsws.org/de/articles/2022/04/20/spai-a20.html
[9] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/automobilindustrie-ford-gegen-ford-1.5494147
[11] https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/entscheidung_ford_steht_fest_100.html
[13] https://www.wsws.org/de/articles/2021/12/30/ford-d30.html
[17] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153169/umfrage/umsatz-der-ford-motor-company/
[19] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/automobilindustrie-ford-gegen-ford-1.5494147
[20] https://dielinkesaar.de/index.php?id=nb&id2=1655898820-135340
[21] Satzung der IG Metall 2020, §2, Abs.4.