Redebeitrag auf der Demonstration des Kurdischen Gesellschaftszentrum Saarbrücken e.V
Bild: Kai Schwerdt, Creative Commons Licence
Am Samstag, den 25. Januar 2025 gingen in Saarbrücken über 200 Menschen auf die Straße um ihre Solidarität mit dem Existenzkampf von Rojava gegen die Angriffe von der Türkei geteuerter und unterstützter djihadistischer Söldner sowie gegen türkische Luftangriffe. Auch die Solidarität mit den von Repression und Abschiebung bedrohten kurdischen Freund_innen in Deutschland wurde ausgedrückt.
Die Forderungen unserer Freund_innen vom Kurdischen Gesellschaftszentrum sind:
- Die Einstellung von Waffenlieferungen an die Türkei
- Ein Ende der Kriminalisierung der Kurdischen Bewegung
- Keine Anerkennung der Türkei als sicheres Herkunftsland
Auf der Abschlusskundgebung hielten wir folgenden Redebeitrag:
„Liebe Genoss_innen, liebe Freund_innen,
Morgen jährt sich die Befreiung Kobanes vom IS zum 10. Mal. Kobane steht seit 2015 für den heldenhaften Widerstand der kurdischen Selbstverteidigungskräfte, ein erster großer Schlag gegen die islamistischen Terroristen, der nur durch die langjährige revolutionäre Arbeit der PYD in Nordsyrien möglich war – ein Beispiel für die Kraft einer revolutionären Bevölkerung.
Als 2011 in Syrien Proteste mit demokratischen Forderungen begannen und das Assad-Regime mit brutaler Repression den Bürgerkrieg entfachte, entstand in Rojava eine Alternative zur Assad-Diktatur und zur djihadistischen Opposition. In der Illegalität wurden Rätestrukturen und bewaffnete Kräfte aufgebaut. 2012 begann in Kobane die demokratische Revolution von Rojava, die sich rasch ausbreitete. Mit der Strategie des revolutionären Volkskrieges schufen die Volksverteidigungskräfte befreite Gebiete, in denen der syrische Staat zerschlagen und eine Rätedemokratie etabliert wurde. 2014 trat der Gesellschaftsvertrag für Rojava in Kraft, der unter anderem das Recht auf Arbeit, Unterkunft, Sozial- und Gesundheitsversorgung garantiert und Frauen das Recht auf Selbstverteidigung und Widerstand gegen Geschlechterdiskriminierung zusichert. Alle Menschen haben das Recht, ihre „ethnische, sprachliche, geschlechtliche, religiöse und kulturelle Identität zu leben.“
Dieses fortschrittliche Modell revolutionärer Demokratie zeigt, was eine revolutionäre Bevölkerung erreichen kann. Es ist ein leuchtendes Beispiel revolutionärer Demokratie, nicht nur für Westasien sondern auch für uns hier. Ein Dokument, das wir allen entgegenhalten müssen, die unter dem Deckmantel von „Demokratie“ oder „feministischer Außenpolitik“ auf den politischen Islam oder baathistische Reaktionäre setzen, während sie in unseren Gesellschaften patriarchale Gewalt stützen, tausende von Arbeiter_innen auf die Straße werfen und die kurdische Freiheitsbewegung kriminalisieren.
Das Assad-Regime ist durch die Erfolge des israelischen Existenzkampfes gegen den iranischen Feuerring und den russischen Krieg in der Ukraine zusammengebrochen, da es sich nur durch iranische und russische Unterstützung an der Macht halten konnte. In das entstandene Machtvakuum trat der türkische Staat, um mit seinen Söldnergruppen eigene Interessen in Syrien zu verfolgen. Sowohl die HTS als auch die unter türkischer Kontrolle stehende SNA haben das Ziel, Rojava und die Revolution zu vernichten. Sie wollen die Entwaffnung der Volksverteidigungskräfte und die Vertreibung von Revolutionären aus Nordsyrien. Die Islamisten bieten sogar an, Massaker und Völkermorde vorerst zu vermeiden und die Scharia erst langfristig einzuführen, was von westlichen Heuchlern als „Hoffnung“ interpretiert wird. Diese Propaganda ist eine gefährliche Verzerrung der Realität. Der politische Islam, in allen seinen Formen, bietet keine Lösung für die friedliche und demokratische Koexistenz der verschiedenen Nationalitäten Syriens und ist nichts anderes als eine Konterrevolution!
Die Heuchelei der deutschen Politik bezüglich Rojava ist grenzenlos! Ab und zu gibt es kritische Artikel oder Politiker, die sich Empörung abmühen, doch dies lenkt nur von der konterrevolutionären Rolle des deutschen Imperialismus in Syrien ab. Die Türkei und Katar sind strategische Partner Deutschlands, und die Finanzierung der HTS und SNA kommt indirekt aus Deutschland. Zudem liefert Deutschland kontinuierlich Waffen an die Türkei, die auch gegen Rojava eingesetzt werden. Trotz kurzer Empörung über die türkische Politik gehen die Geschäfte und Rüstungsexporte weiter. Baerbock forderte sogar die kurdischen Kräfte zum Waffenstillstand auf, während die Türkei ungehindert ihre aggressive Politik fortsetzt. Der deutsche Imperialismus sichert die Angriffe auf die demokratische Autonomie und inszeniert sich gleichzeitig als „Hüter der Demokratie“. Lasst uns diesen widerlichen Lügnern und den deutschen Kriegstreibern in den Rücken fallen!
Die USA handeln anders als ihr Konkurrent, der deutsche Imperialismus und stellen sich teilweise gegen die türkischen Pläne. Im Kampf gegen den IS kooperierten sie mit den Volksverteidigungskräften. Sie bekämpften ISIS auch ohne türkische Beteiligung, weil sie wussten wem sie im Kampf für die Vernichtung des Islamischen Staates trauen können und wem nicht. Durch eine Militärbasis in Kobane setzten die US-Streitkräfte gegen die Aggression der türkische Söldner vorerst Grenzen. Doch auch auf die USA wird man sich nicht verlassen können – sie handelt aus imperialistischen Interessen, unterhält beste Beziehungen zu Katar und stützt die HTS Führung. Der Abzug US-amerikanischer Truppen 2019 gab grünes Licht für die türkische Invasion in Afrin, und die Forderung nach der Ausweisung ausländischer Revolutionäre richtet sich offen gegen die PKK, also die Revolution selbst.
Entschiedener tritt hier der israelische Staat auf. Trotz aller Freude, dass die iranischen „Achse des Judenvernichtung“ geschwächt wurde durch den Fall des Assad-Regimes, zeigte die Zerstörung der militärischen Kapazitäten Syriens, dass Israel keinerlei Vertrauen in die Islamisten hat. Zu ähnlich sind sich teilweise die Bilder des genozidalen Hamas Massakers am mit dem Genozid an den Jesiden oder auch den Kriegsverbrechen der SNA Söldner an kurdischen Kämpferinnen. Die kurdische Aktivistin Dastan Jasim sagte dazu in der Jüdischen Allgemeinen: „Vor den Messern der Islamisten sind wir alle gleich“. Und das stimmt: Alle die sich dem Herrschaftsanspruch des Politischen Islams und des arabischen, türkischen oder iranischen Chauvinismus widersetzen müssen Angst haben früher oder später vernichtet zu werden. Ob als jüdischer Staat, als kurdische Autonomieverwaltung, als rebellierende Frau. Deshalb liegt die Hoffnung im Nahen und Mittleren Osten tatsächlich auf den Allianzen derjenigen Kräfte im Nahen Osten, die für Demokratie, Frauenbefreiung, Internationalismus und gegen den Politischen Islam kämpfen. Für diese Perspektive ist Rojava ein Leitstern! Und deshalb ist die Revolution in Rojava so wichtig! Und deshalb ist die Schwächung des Iran so wichtig in der Hoffnung, dass eine iranische Revolution, ein befreites Rhojelat, einem befreiten Rojava den Rücken stärken kann. Und irgendwann alle Kolonisatoren und Großmächte aus Kurdistan verschwunden sind und die Menschen ohne Unterdrückung und Ausbeutung zusammenleben können!
Deshalb lasst uns die Revolution verteidigen und den deutschen Kriegstreibern und Kuschlern mit dem Politischen Islam in den Rücken Fallen und damit unseren Beitrag zur Verteidigung der Revolution leisten.
Wir fordern:
– Die Einstellung aller Waffenlieferungen und Unterstützung Deutschlands für die Türkei und die Sanktionierung der türkischen Kriegsmaschine und der herrschenden Klasse in der Türkei!
– Die Sanktionierung der Staaten wie Katar, Saudi – Arabien oder der Türkei, die den Politischen Islam als internationale faschistische Bewegung finanzieren.
– Die Anerkennung der demokratischen Föderation Nordsyriens und die Bewaffnung der Volksverteidigungskräfte!
– Ein Verbot von DITIB und den Grauen Wölfen! Moscheen, Kulturvereine und Schulen dürfen keine Kaderschmieden von Djihadisten und Faschisten sein!
– Keine Abschiebungen in die Türkei und nach Syrien!
– Keine Kriminalisierung der Kurdischen Freiheitsbewegung! Weg mit dem Verbot der PKK!
Es lebe der revolutionäre Volkskrieg in Syrien, der Türkei und im Iran!
Hoch die Internationale Solidarität!“