Auch wenn sich in Deutschland im Moment noch alle etablierten politischen Kräfte dem staatlichen Krisenmanagement unterordnen, wird es in den kommenden Wochen und Monaten zu politischen Kämpfen kommen. Das staatliche Krisenmanagement besteht gerade darin, nachträglich das Allernötigste zur Eindämmung von Covid-19 zu tun, ohne dabei das Kapital allzu sehr zu gefährden.
Alles für die nationale Wirtschaft, für die anderen das Nötigste, damit sie nicht rebellieren
Für wieder Andere gibt es nichts außer Polizeigewalt. Leitfaden der Politik bleibt die Position des Wirtschaftsstandorts in der Weltmarktkonkurrenz. Währenddessen reden die Politiker_innen dauerhaft von „Solidarität“ und meinen damit, dass die einzelnen Bürger_innen das Versagen des Staates hinsichtlich der Gesundheitsversorgung, hinsichtlich dem Schutz und der Versorgung von Risikopatienten übertünchen sollen, indem sie zur lokalpatriotischen Nachbarschaftshilfsarmee und Nationalismus animiert werden sollen.
Gleichzeitig sehen manche Linke in dem Staatsinterventionismus die Möglichkeit der Rückkehr des Sozialstaates. Es stimmt zwar, dass viele Lügen, welche die herrschenden Zustände als alternativlos darstellen wollten, in Windeseile widerlegt wurden:
-
-
- Die Notwendigkeit der sogenannten schwarzen Null
- die Notwendigkeit eines repressiven Hartz IV-System
- die Ideologie, dass der Markt der beste Regler von Produktion und Bedarf sei
-
Stattdessen gibt es astronomisch hohe Hilfspakete für das nationale Großkapital und sogar konservative Politiker_innen bringen die Verstaatlichung von Betrieben ins Gespräch. In Spanien und Irland werden private Krankenhäuser unter staatliche Kontrolle gestellt.
Jedoch sind auch diese Maßnahmen des Staates nicht in unserem Interesse
Sie folgen der Strategie „Gewinne bleiben privatisiert, Verluste werden sozialisiert“. Wenn sie von der Rettung der Wirtschaft reden, meinen sie ihre Profite und ihre Dividenden. Zahlen sollen dafür diejenigen, die jeden Tag weiter in die Betriebe müssen: die Arbeiter_innen im Gesundheitswesen, die Pflegearbeiter_innen, die Arbeiter_innen in der Logistik und im Einzelhandel. Deshalb wird versucht, vom Klassenkampf von oben abzulenken und solidarischen Antworten auf Pandemie und Krise zu verhindern: Das ist der Sinn ihres nationalen Zusammenhalts.
An dieser ohnehin schon nationalistischen Politik im Interesse des deutschen Kapitals regt sich nun Kritik.
Ein menschenfeindliches Programm wurde in Stellung gebracht, welches sich zunächst als ethische Debatte tarnte. Marktradikale platzieren in allen großen deutschen Leitmedien die Frage: „Was ist wichtiger? Die Wirtschaft oder Menschenleben?“. Sie wollen die möglichst baldige Aufhebung der Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung, um den deutschen Standort in der Weltmarktkonkurrenz nicht hinterherhinken zu lassen, wenn China seine Produktion wieder aufnimmt.
Dieses Programm redet von Freiheit, meint jedoch das bewusste Sterbenlassen von Teilen der Bevölkerung
Benutzen tut es den bürgerrechtlichen Diskurs. Es wird gestützt durch die wohlmeinende liberale Vorsicht vor einem Angriff auf die Freiheitsrechte, welche sich dort, wo sie in dieser Gesellschaft Relevanz besitzt, in ein neoliberales, sozialdarwinistisches Programm verkehrt. Das Programm, alte Menschen und Vorerkrankte sterben zu lassen (angeblich als Dienst an der Allgemeinheit) nennen sie „Herdenimmunität“ durch Durchseuchung der Gesellschaft. Dieses Programm wird im gesellschaftlichen Diskurs stärker. Wir müssen ihm entgegenstehen! Es ist richtig, dass wir als Kommunist_innen dieses Leben, so wie wir es in dieser Gesellschaft leben müssen, verachten. Die Maßnahmen gegen die Pandemie und ihre sozialen Folgen verschlechtern dieses Leben für viele. Jedoch wissen wir als Materialist_innen, dass wir erst überleben müssen, um das gute Leben organisieren zu können. Dies werden wir auch den sogenannten Risikopatient_innen nicht verwehren.
Wir opfern niemanden für Kapital und Nation!
Deshalb wird es in den nächsten Wochen vor allem darum gehen, die Solidarität nicht abbrechen zu lassen, egal wie laut ihre mediale Kampagne werden wird. Diese Solidarität müssen wir auch verteidigen, wenn nicht nur einzelne Marktradikale, sondern der ganze Staat sie suspendieren will. Die Alternative zu Solidarität wäre Menschen sterben zu lassen. Deshalb: Menschenleben vor ihrer Freiheit und Konkurrenz!
Auch reaktionäre bis faschistische Kräfte werden sich früher oder später im Ausnahmezustand zurechtfinden
Für Rassist_innen ist mit der Aussetzung des Asylrechts und den Grenzschließungen eine lang ersehnte Forderung Realität geworden. Antisemit_innen auf der ganzen Welt trommeln für den Wahn, „die Juden“ oder Israel stecken hinter dem Virus. Verschwörungsideologen wittern hinter den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung einen großen Plan zur Durchsetzung einer „neuen Weltordnung“ und bieten sich damit als „systemkritische“ Legitimation des menschenfeindlichen, marktradikalen Programms der „Exit-Strategie“, aus den staatlichen Maßnahmen innerhalb der Bevölkerung, an.
Naziparteien versuchen, sich in Nachbarschaftshilfen einzugliedern. Trommeln für die Losung: „Hilfe nur für Deutsche“ und wollen damit den exklusiven Solidaritätsbegriff der Regierung noch radikalisieren. Teile der Naziszene sehen den sehnsuchtsvoll erwarteten Zusammenbruch kommen und öffnen ihre Waffendepots. Nazis in Polizei und Bundeswehr könnten sich nach den Ereignissen in Ungarn und bei einer weiteren Militarisierung der Krise zu putschistischen Aktionen ermutigt fühlen.
Egal welche Fraktion dieser Bewegung man sich nun anschaut, sie alle führen in die Barbarei und können sich von der rassistischen und nationalistischen Politik der Regierung bestätigt fühlen. Ermutigt fühlen sie sich auch vom spontanen Rassismus, der in diesen Tagen Asiat_innen entgegenschlägt und seit der Grenzschließung vermehrt auch wieder vermehrt gegen die französische Bevölkerung richtet.
Deshalb ist es wichtig, sich nicht in das nationale Kollektiv einzuordnen
Die Krise führt uns offen vor Augen, dass die Gesellschaft, so wie sie eingerichtet ist, auch vor Corona und dem Ausnahmezustand, nicht vernünftig und nicht in unserem Interesse war.
Wir müssen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür kämpfen, dass wir nicht diejenigen sind, auf deren Rücken die herrschende Klasse die Krise ein weiteres Mal in ihrem Interesse „lösen“ und austragen kann. Wir müssen dafür kämpfen, dass die herrschende Klasse es nicht schafft, auf den Trümmern der Krise, die Verkehrsformen der alten Gesellschaft wieder zu normalisieren.
Das bedeutet: Keine Normalisierung des ökonomisierten Gesundheitssystem, des repressiven Sozialsystems, einer Welt der Konkurrenz zwischen den Nationen und einer Gesellschaft, in welcher der Markt über unsere Bedürfnisse und Möglichkeiten entscheidet!
Wir müssen auch die reaktionären bis faschistischen Angebote zurückschlagen.
Kein sich verschärfendes nationalistisches und rassistisches „Weiter-so“ auf unserem Rücken! Keine menschenfeindliche und sozialdarwinistische Exitstrategie! Keine faschistische Option! Sie alle führen in die Barbarei.
Wir müssen ein echtes politisches Angebot für alle in die Gesellschaft tragen. Wir müssen zeigen, dass die sozialen Folgen der Pandemie nicht natürlich sind.
Wir kämpfen für:
-
-
- Die Weiterführung von zielgerichteten Maßnahmen zur Corona-Eindämmung aus Solidarität mit allen gefährdeten Personen und aus Solidarität mit den Arbeiter_innen im Gesundheitswesen.
- Den Aufbau eines Gesundheitswesen nach den Bedürfnissen von Patient_innen und Gesundheitsarbeiter_innen. Gesundheit für alle und den Einzelnen!
- Eine Neustrukturierung und Planung der gesellschaftlichen Produktion und Verteilung ausgehend von den teilweise jetzt zu Tage tretenden Grundbedürfnissen der Bevölkerung.
- Sichere Existenzen und Wohlstand für Alle!
- Schutz für alle Menschen ohne Zuhause, auf der Flucht oder vor häuslicher und sexueller Gewalt. – Schutz für die Betroffenen von rassistischer, sozialchauvinistischer und willkürlicher Polizeigewalt!
-
Solidarität muss für alle gelten, unabhängig von Herkunft und Staatsangehörigkeit. Nicht nur während der Pandemie, sondern auch danach.
Die antifaschistischen, antirassistischen, feministischen und sozialen Kämpfe, die Klassenkämpfe und die Kämpfe gegen Willkürmaßnahmen des Staates zusammenführen!