Redebeitrag vom 14.02.2025:
„Wieder ist der Schlossplatz voll. Wieder einmal haben sich tausende Antifaschist:innen versammelt.
Viele von uns sind heute nicht nur aus Hass auf die AfD hier, sondern auch wegen der offenen Zusammenarbeit der CDU mit den Faschisten. Aber wen hat das wirklich überrascht? Ja, im Bundestag war es das erste Mal. Aber auf Landes- und vor allem auf kommunaler Ebene gab es in den letzten Jahren immer wieder Kooperationen. In Saarbrücken gibt es seit einem halben Jahr einen AfD-Bezirksbürgermeister. Aber was erwartet man von der CDU, einer Partei, die so viele hochrangige NSDAP-Mitglieder wie Hans Globke, Hans Filbinger, Karl Carstens und Kurt Kiesinger in ihren Reihen hatte? Und es ist auch kein Wunder, dass viele CDU-Mitglieder zur AfD gewechselt sind, wie z.B. der Landtagsabgeordnete Christoph Schaufert, Alexander Gauland oder der heutige Stargast – Erika Steinbach. Dank der AfD kann man endlich offen sagen, was man sich in der CDU nur hinter vorgehaltener Hand getraut hat.
Und doch sind die Medien immer wieder überrascht. Da ist dann von gebrochenen Dämmen und beschädigten Brandmauern die Rede.
Was für Brandmauern? Es kann keine Brandmauern geben in einem Land, das brennt… und das nicht erst seit gestern.
Immer mehr Menschen können sich das Essen kaum noch leisten, während bei Lanz darüber diskutiert wird, ob nicht auch noch das letzte bisschen Sozialhilfe gestrichen werden soll. Die Kolleginnen und Kollegen bei ZF und Bosch haben Angst um ihre Zukunft – und dann hören wir, dass der 8-Stunden-Tag und das Krankengeld wieder zur Debatte stehen.
Der Kanzlerkandidat der CDU ist ein widerlicher Rassist und Chauvinist, der gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe gestimmt hat.
Das ist Politik gegen die Masse der Bevölkerung, das ist im wahrsten Sinne des Wortes antidemokratisch. Das ist offene Faschisierung von angeblichen Demokraten.
Aber auch ein Blick auf SPD und Grüne reicht: Für die faktische Abschaffung des Asylrechts braucht es keine AfD. Nach wie vor sterben Menschen an den EU-Grenzen und diejenigen, die es schaffen, werden in immer menschenunwürdigere Lager gesteckt. In den letzten 10 Jahren sind über 30.000 Menschen im Mittelmeer umgekommen. Ermordet durch die Festung Europa. Ermordet unter der Aufsicht der Massenmörder von Frontex! Schauen wir uns nur die Nachrichten der letzten Woche an: In Griechenland wird ein Flüchtling zu 36 Jahren Haft verurteilt, weil er ein Boot gesteuert hat. In Polen drohen Menschen 5 Jahre Haft, weil sie Menschen im Grenzgebiet mit Essen und Kleidung versorgt haben. In Kroatien werden Grenzpolizisten freigesprochen, die Flüchtlinge gefoltert haben. All das, was selbst AfD-Politiker noch vor wenigen Jahren nicht offen zu propagieren gewagt hätten, geschieht ohne Regierungsbeteiligung der extremen Rechten. Während hier in den Parlamenten von „Nie wieder“ und feministischer Außenpolitik geredet wird, trifft man sich mit islamistischen Regierungen und schickt Waffen in die Türkei, wo damit die kurdische demokratische Autonomie angegriffen wird. Große Hoffnungen werden in die neue syrische Regierung gesetzt. Eine Regierung, die nicht nur aus ehemaligen IS- und Al-Qaida-Kämpfern besteht und deren Justizminister Frauen zur Steinigung verurteilt und dieser dann beigewohnt hat. Nein, es ist auch eine Regierung, die erst diese Woche das Verbot der Hamas aufgehoben hat, also jene Organisation legalisiert hat, die das größte antisemitische Massaker nach der Shoah verübt hat. Solange man wieder nach Syrien abschieben kann, ist das den Deutschen egal.
Und Abschieben scheint in diesem Wahlkampf die Lösung für alles zu sein. Fast alle Parteien im Bundestag sind sich mit Josef Göbbels einig, dass über die Bestrafung derer, die nicht dem völkischen Ideal entsprechen, nicht mehr Gerichte auf der Grundlage des allgemeinen Rechts entscheiden sollen, sondern die Politik, der „Volkswille“, das Sondergesetz für Ausländer. Die rechten Parteien aller Couleur – ob schwarz, grün, rot oder gelb – sie alle ersetzen bürgerliches Recht durch faschistische Willkür!
Das, liebe Freundinnen und Freunde, ist nicht das kleinere Übel, das es gegen die AfD zu unterstützen gilt. Sie alle sind Steigbügelhalter, die die Faschisierung vorantreiben.
Sie alle spielen die Musik nach der Melodie der blauen Faschisten: Sie alle reden zum Beispiel über Migration statt über Armutsbekämpfung und Islamismus. Beim Attentäter von Magdeburg etwa bestimmt seine Herkunft die Debatte, nicht seine rechte Gesinnung. Und auch die Messerattacke eines IS-Anhängers auf einen kurdischen Aktivisten in Kiel vor drei Wochen scheint nicht zu interessieren.
Im deutschen Diskurs geht es nicht darum, Menschen zu helfen. Sonst würde man darüber diskutieren, wie man Armut bekämpft, sichere Abtreibungsmöglichkeiten schafft, Amoktaten und Anschlägen vorbeugt und gleichzeitig sichere Fluchtmöglichkeiten schafft. Nein, darüber können sie nicht reden, weil sie selbst zu bescheuert sind! Alle diese Parteien hetzen im Wahlkampf gegen Migration – nur um davon abzulenken, dass sie alle keine wirklichen Lösungen für die sozialen und ökologischen Fragen unserer Zeit haben.
Deshalb wollen wir auf keinen Fall mit denen auf einer Seite der Mauer stehen, die auch ohne AfD rechte Politik machen! Wir wollen nicht mit denen stehen, die Tag für Tag die Welt in Brand setzen.
Wer Antifaschist ist, kann sich auf diesen Staat nicht verlassen.
Wäre der deutsche Staat wirklich antifaschistisch, hätte er die AfD schon längst zerschlagen und würde nicht erst über ein Verbot nachdenken, wenn die Posten und Gelder der Regierungsparteien in Gefahr sind. Wäre der deutsche Staat antifaschistisch, würde er nicht Antifas nach Ungarn in menschenunwürdige Haft ausliefern. Wäre das offizielle Gedenken wirklich antifaschistisch, würde der Faschist Stauffenberg nicht als Held gefeiert, und es stünden keine Nazikarren auf den Namen ermordeter Jüdinnen und Juden, wie hier und heute.
Die regierenden Parteien und die staatlichen Behörden betonen immer wieder, dass sie an „unserer“ Freiheit interessiert sind. Lasst euch nicht täuschen. Die Freiheit, die sie meinen, bedeutet zum Beispiel, dass die Polizei den Aufmarsch der Faschisten schützt und ermöglicht. Und selbst wenn es darauf ankommt, schützt sie uns nicht vor den Faschisten, wie wir z.B. in Kandel oder Magdeburg gesehen haben, wo sogar Lichterketten angegriffen wurden.
Seit mehr als einem Jahr gibt es deutschlandweit Demos gegen Rechts mit hunderttausenden Teilnehmer:innen. Das ist ein starkes Symbol, das gibt Kraft. Doch die Hoffnung, dass der Staat dies wahrnimmt und entsprechend handelt, hat sich nicht erfüllt – stattdessen konnte die AfD sogar zulegen und ihre Macht ausbauen. Denn der Erfolg der Rechten beruht auf der Spaltung der Gesellschaft und auf den Versprechungen und Illusionen des Kapitalismus. Man müsse nur wieder richtig arbeiten, dann ginge es mit dem Land wieder aufwärts. Wer von uns arbeitet nicht hart? Und trotzdem haben wir alle jeden Monat weniger in der Tasche!
Und weil wir immer tiefer in die Krise rutschen, fallen die Lügen der Rechten auf fruchtbaren Boden und werden als einfache Antworten verkauft. Dabei würde das Wahlprogramm der AfD den Reichen noch mehr bringen als selbst das der FDP. Die AfD will genauso den Abbau von Sozialleistungen, sie will genauso eine entfesselte Wirtschaft ohne Einschränkungen durch diese lästigen Arbeitnehmerrechte. Natürlich ist die AfD aggressiver und träumt von Umsturz und Säuberung. Aber sie entstammt dem gleichen kapitalistischen Nährboden wie die anderen Parteien.
Das heißt: konsequent gegen Faschismus, denn der ist die aggressivste Form der Ausbeutung. Der Staat wird uns erst entgegenkommen, wenn wir ihn dazu zwingen. Wir sind schon viele, aber Protest wird nicht reichen. Wir brauchen reale Machtmittel um den antifaschistischen Kampf zu gewinnen. Wir brauchen den politischen Streik, wir brauchen militanten und konsequenten Antifaschismus. Wir brauchen einen harten ideologischen Kampf um Rassismus, Antisemitismus und deutschen Nationalismus wirklich im Keim ersticken zu können.
Diese Demokratie, die angeblich für uns geschützt wird, hilft der Masse der Bevölkerung nicht gegen Unterdrückung und Ausbeutung, nein, sie schützt sie!
Auch wir stehen hier für Demokratie und Freiheit – und zwar umfassende Freiheit: frei von faschistischer Barbarei, frei von rassistischer und sexistischer Unterdrückung, frei von Ausbeutung und Profitstreben. Denn nur so ist eine lebenswerte Zukunft möglich! Und diese Zukunft schenkt uns niemand, nein, wir müssen sie uns nehmen.
Wir müssen selbst Fakten schaffen. Wir müssen Freiheit und Demokratie selbst verteidigen. Wir müssen selbst gelebten Antifaschismus praktizieren. Das heißt, wir dürfen uns nicht der Illusion der kapitalistischen Freiheit hingeben, denn die interessiert sich nur für den Profit. Und deshalb ist es so wichtig, deutlich zu machen, wofür und wogegen wir heute hier sind.
Ja, es ist schön, dass wir so viele sind. Aber nur deshalb sind wir nicht gekommen! Protest darf kein Selbstzweck sein. Wir wollen nicht nur laut sein. Wir wollen nicht nur viele sein, um ohne Inhalte das vermeintlich gute Deutschland auf die Straße zu tragen, um dem Faschismus in Deutschland wieder zur Macht zu verhelfen, ohne allzu viel Widerstand zu provozieren. Wir wollen eben keine pseudokritischen und pseudoantifaschistischen Steigbügelhalter der Faschisten sein. Nein, wir wollen, dass diese Hetzveranstaltung weder dort noch anderswo stattfindet! Wir wollen die Zerschlagung der AfD! Und weil der Staat dieser Forderung nicht nachkommt, müssen wir nachhelfen. Wir müssen uns als Arbeiterinnen und Arbeiter zusammenschließen und kompromisslos für unsere Interessen eintreten.
Um AfD und Faschismus wirklich zu bekämpfen, braucht es leider mehr als Plakate und Parolen. Was muss also passieren, damit unser Widerstand wirklich wirkt? Wie wird aus dem Symbol Realität? Zunächst einmal können wir nicht über die AfD reden, ohne die menschenfeindliche Politik der anderen Parteien zu benennen. Denn sie alle greifen – egal wie verdeckt oder offensiv – die Rechte und Freiheiten der Arbeiter:innen an, um die Profite der Kapitalist:innen zu sichern. Denn wir als Arbeiter:innen sind eine internationale Klasse und wie Verdi im Tarifkampf richtig sagt: „Mehr von uns ist besser für alle“. Um davon abzulenken, wird über Migrant:innen, Jüdinnen_Juden, Erwerbslose, Queers und andere Unterdrückte gehetzt. Und das treibt die AfD bis hin zu Vernichtungsphantasien. Dieser Hetze muss etwas entgegengesetzt werden. Das geht nur, wenn klar benannt wird, was dahinter steckt. Wir müssen uns zusammentun und gemeinsam überlegen, was das Treiben der Nazis unmöglich macht. Wir müssen dem Rechtsruck, dem sozialen Kahlschlag und der ökologischen Katastrophe linke, sozialistische Antworten entgegensetzen und eine Zukunft aufzeigen, für die es sich zu kämpfen lohnt!
Also werdet aktiv und kämpft mit uns für eine Welt ohne antisemitische Barbarei, ohne kapitalistische Ausbeutung und ohne sexistische und rassistische Unterdrückung! Schließt euch den antifaschistischen Gruppen in eurer Stadt an und beteiligt euch am Offenen Feministischen Treffen oder am Offenen Antifaschistischen Treffen – Möglichkeiten gibt es genug – werdet aktiv!
Und zum Schluss bleibt uns nur noch zu rufen: NIEDER MIT DER AFD!
Alerta!“